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1843 – Vom Brodbacken

by Arthur Piefke

Maria Katharina Daisenberger (geboren am 26.04.1768 in Regensburg als Tochter des Ehepaars Siegel*, verstorben am 18 März 1846 mit 77 Lebensjahren) hat Ihr “Vollständiges Bayerisches Kochbuch für alle Stände” in vielfacher Auflage immer wieder veröffentlichen lassen.
Wir veröffentlichen aus der, noch zu ihren Lebzeiten erschienen 16. Auflage von 1843 als Doppelband eines 1. und 2. Teiles in einem Band.
Ich übernehme, wie wir es in diesem Blog stets versuchen, die damalige Schreibweise, ohne diese zu verändern. Tippfehler bitte zu melden und zu entschuldigen.

Anmerkung zu Siegel*
Auf der Website “Geni.com” wird Maria Katharina Daisenberger ebenfalls genannt. Aber mit anderer Abstammung.

Ich beziehe mich bei diesem Artikel auf den 2. Teil des Kochbuches, der mit dem folgenden Artikel beginnt:

Vom Brodbacken.

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Vorerinnerungen.

Vor Allem muß man auf gutes Mehl und guten Sauerteig bedacht seyn, wenn das Brod gerathen soll.

In Hinsicht des Mehls muß man auch einige Kenntnisse haben, damit man sich nicht allein auf den Müller verlassen darf. Es versteht sich von selbst, daß man so viel wie möglich von den Getreidearten die besten und reinsten zum Mehl nehme, die man erhalten kann.

Wenn man eine gute Sorte Weizen erhalten und solchen nach der Mühle schicken will, so muß derselbe so viel wie möglich gereinigt werden, daß alles Fremde heraus kommt; auch muß er gewaschen werden.

Das Mehl von gewaschenem Weizen hält sich aber nicht so lange, sondern muß gleich gebraucht werden, deßhalb muß das Waschen unterlassen werden, wenn das Mehl liegen bleiben soll.

Wenn man verschiedene Sorten Mehl hat, so hängt es von Jedem ab, nachdem er weißes oder gröberes Brod verlangt, sie zu vermischen, oder jede besonders zu verbacken.
Man bemerke aber, daß das schwarze Roggenbrod länger dauert, als das weiße. Hat man nun genug Mehl, so kann man zum Backen selbst schreiten.

Ich will dazu folgende Anweisung geben, wodurch ein Jedes erkennen wird, daß es gute Aufmerksamkeit erfordert, fehlerfreies Brod zu backen.

1. Anweisung zum Brodbacken.

Des Abends vorher, wenn gebacken werden soll, wird der vom vorigen Backen aufgehobene oder entlehnte, weiche oder trockene Sauerteig mit einem Theil des Mehls und laulichem Wasser zu einem weichen Teig geknetet.
Er wird sodann in dem Troge mit dem Wasser so genau vermischt, daß nicht die geringsten Klumpen darin bleiben, und dann erst das Mehl darunter geknetet. Man nimmt so viel Wasser dazu, daß eben der dritte Theil des Mehls hinreicht, besagten dünnen Teig auszukneten.
Wenn das geschehen, wird die Masse mit Mehl bestreut und mit Tüchern zugedeckt, und so läßt man es bis den nächsten Morgen stehen und gähren. Früh Morgens des andern Tages werden die übrigen zwei Drittheile des Mehls durch Zugießen von hinlänglichem, lauwarmen Wasser dazu geknetet, dann muß der Teig von einer starken Person tüchtig ohne Aufhören durchgeknetet werden, bis er zähe und lang wird, oder wenn man ihn zieht, nicht so bald zerreißt, oder wenn man ihn mit reinen Händen anfaßt, nicht mehr klebt.

Dann läßt man ihn in dem Backtroge stehen, daß er sich allmählich heben, oder daß er gehen kann. Treibt er nun stark oder langsam in die Höhe, so ist es ein Zeichen, daß er gerathen werde. Ist der Teig gut aufgegangen, so wird er ausgewirkt oder in Brode getheilt; diese werden auf ein Tuch gelegt, daß sie nochmals aufgehen können, und dann erst in den Ofen geschoben, wenn sie zuvor etwas mit Wasser auf der Oberfläche bestrichen worden sind.

Da kommt es nun auf den rechten Grad der Hitze an. In Städten muß man dieses gewöhnlich den Bäckern überlassen. Auf dem Lande bemerke man, ob das innere Gewölbe des Ofens ganz weiß aussieht. Andere halten Hobelspäne oder ein dürres Hölzchen an das Gewölbe, oder auf den von Kohlen befreiten Heerd. Entzündet sich dieses, oder es entstehen kleine Funken, so ist der Ofen heiß genug. Einige legen etwas Mehl vor’n ins Ofenloch; bleibt es weiß, so ist der Ofen nicht heiß genug, wird es schwarz und verbrannt, so ist er zu heiß, wird es aber nur braun, so hat der Ofen die rechte Hitze.

Beim Heitzen macht man Anfangs das Feuer tiefer in den Ofen und auf die Seiten, nachher aber wird das Mundloch, wenn der Ofen beinahe heiß genug ist, durch Hervorziehen der Kohlen und dadurch, daß man klein gehacktes, trockenes Holz darauf wirft, geheizt.

Denn eben dadurch wird die Kappe des Ofens mit erhitzt. Die Folgen, wenn man es mit der Hitze nicht getroffen hat, sind, daß das Brod bei zu großer Hitze verbrennt, die Gährung aufhört, und das Brod nicht ausgebacken wird. Ist sie aber zu geringe, so trocknet das Brod mehr aus, als es bäckt, und wird auch verdorben.
Ueberhaupt muß durch das Backen dem Brode der Mehlgeschmack gänzlich benommen und ihm von der Gährung ein säuerlicher Geschmack mitgetheilt werden.

Nachdem, die Brode groß oder klein, müssen sie längere oder kürzere Zeit in den Ofen stehen, denn das läßt sich nicht genau bestimmen, die Erfahrung ist hierin die beste Lehrmeisterin:

Schwarzes Brod muß länger in dem Ofen gelassen werden als das weiße.
Eben so, wenn der Teig nicht stark genug gewesen, müssen die Brode ebenfalls länger backen.
Doch pflegt man zuweilen ein Brod heraus zu ziehen und sieht nach der Unterrinde, worauf man mit dem Finger klopft; gibt die Rinde eine Art von Klang, so ist das Brod genug gebacken.
Man muß der Gewißheit halber diese Probe öfters wiederholen; denn man darf es auch nicht zu lange in dem Ofen lassen, und wenn es schon nicht braun oder verbrannt ist, so wird es doch inwendig hart und taugt nicht viel zum Essen.

Sowie die Brode aus dem Ofen kommen, pflegt man sie nochmals mit Wasser oder auch Bier zu überstreichen, um der Oberrinde eine glänzende Farbe zu geben.

Wenn das Brod gar und aus dem Ofen gezogen worden, so muß verhütet werden, daß es nicht sogleich, sondern nach und nach erkalte, zumal im Winter. Man legt sie zu dieser Jahreszeit wohl neben einander, und deckt sie mit einem Tuche zu. Im Sommer aber und in geschlossenen Räumen können sie auf die Spitze oder auf die eine Seite gestellt werden, damit sie nach und nach gleich geschwind an allen Seiten abkühlen.

Zum Schluß will ich noch etwas von der Beschaffenheit des Brodes, dessen Mängel und Güte reden, um daraus beurtheilen zu können, ob man gutes Brod erhalten, und woran der Fehler gelegen.

Hat die Rinde gleichsam verbrannte Schuppen, so hat der Teig durch den Sauerteig, und daß er zu lange gestanden, zu viel Gährung erhalten.
Ist die Rinde ungleich ausgerissen oder zerkerbt, so ist der Sauerteig zu alt gewesen, oder es ist mit allzu warmen Wasser geknetet worden.
Ist die Oberrinde zu weich, so ist das Gewölbe des Ofens, und ist die Unterrinde zu weich, dann ist der Heerd nicht genug erhitzt gewesen.
Im Gegentheil, wenn die Ober- oder Unterrinde verbrannt ist, so ist entweder der Heerd oder die Kappe zu heiß gewesen.
Eine blasse Rinde ist nicht immer ein Fehler des Brodes. Man sieht das öfters, wenn das Brod aus dem Ofen kommt und nicht mit Wasser benetzt wird.
Oben abgebackenes rührt von der großen Hitze des Gewölbes, und unten abgebackenes von der zu starken Hitze des Heerdes her, oder wenn die Gährung des Teiges durch die Kälte unterbrochen wurde; ingleichem, wenn der Teig ohne Sauerteig blos mit Hefe oder Germ gegohren hat.
Die dicke Rinde des Brodes rührt daher, wenn es nicht, bevor es in den Ofen geschoben, bestrichen worden ist.

Wenn der Teig zu viel oder zu wenig Zubereitung bekommen hat, oder zum Kneten aufgesottenes und wieder erkaltetes Wasser, Schneewasser oder hartes Wasser genommen, oder die Gährung von der Kälte aufgehalten worden ist, alles dieses verursacht, daß das Brod nicht aufgeht und ganz flach aus dem Ofen kommt.
Auch ist dies der Fall, wenn es zu übertrieben gegohren, ehe es in den Ofen geschoben wird.

Unausgebackenes, teigigtes Brod entsteht aus Mangel guten Sauerteigs, oder von Mehl aus ausgewaschenem Getreide; oder wenn das Mehl nicht fest genug geknetet ist, wenn anstatt des Sauerteigs blos Germ genommen wird.

Um von naß eingefahrenem oder ausgewaschenem Roggen ein noch ziemlich gutes Brod zu backen, muß man das Korn, ehe es in die Mühle kommt, recht trocknen, sonst gibt es klebriges Mehl, der Teig wird zu flüssig und geht nicht recht auf; das Brod bäckt sich nicht recht aus, und fällt in einem Klumpen zusammen, ist wässerig und süß und also der Gesundheit sehr schädlich.

Zum Einsäuren nimmt man weniger Wasser, als bei gutem Mehl, auch etwas mehr Sauerteig und Salz, als gewöhnlich. Hat man Gerstenmehl und mischt davon etwas darunter, so ist es desto besser. Den Teig deckt man zu und läßt ihn an der Warme wohl gähren, dann arbeite man den Teig recht durch, bis er steif wird, und lasse ihn recht aufgehen, ehe er in den Ofen kommt, und dann mache man die Brode auch nicht zu groß.

Will man aber von ausgewaschenem Roggen ein noch ziemlich trockenes Brod backen, so löscht man glühende Steine oder Eisenkeile im Teig ab.

Die Krumme des frischen Brodes muß sich nicht zu leicht zerreißen lassen, sonst zeigt es an, daß der Ofen nicht heiß genug gewesen, und das Brod mehr getrocknet, als gebacken ist.

Auch muß frische Krumme (Schmolle), wenn sie mit den Fingern zusammen gedrückt wird, sich von selbst wieder etwas in die Höhe heben.

Wenn das Brod viele und kleine Löcher hat oder locker ist, so es ein Zeichen seiner Güte; sind die Löcher aber groß, so rührt dieß vom Sauerteig her und zeigt, daß der Teig nicht, genug durchgearbeitet worden ist.

Sind die Augen gar zu groß, und die Rinde zugleich abgebacken, so ist zu viel Wasser genommen worden.

Hat die Krumme zu viel kleine Löcher, so ist der Teig übergegangen oder zu viel Sauerteig genommen worden; hat sie zu wenig oder gar keine, so ist zu wenig Sauerteig genommen worden.

Die Krumme des Brodes muß nicht röthlich aussehen, daran ist theils Schuld, wenn in der Mühle zu viel aufgeschüttet wird, desgleichen, wenn sie zu geschwind geht, oder beim Einteigen zu heißes Wasser genommen worden ist.

Einen unangenehmen und sauern Geschmack verursacht nasser, alter Sauerteig, der nicht aufgefrischt wurde; bitter aber wird das Brod, wenn man zu viel Hefe anstatt des Sauerteigs ge­nommen hat.

Wenn der Teig zu fest gemacht, oder zu wenig Wasser dazu genommen, das Brod zu früh aus dem Ofen gezogen, oder durch die Kälte mit einem Male abgeschreckt worden ist, so bekommt es einen teigichten Mehlgeschmack.

Gutes Brod muß nebst seinem eigenen, auch einen gewissen geistigen Geschmack haben, der am meisten von gutem, reinen Sauerteig, vollkommener Gährung und von dem rechten Zeitpunkt das Brod in den Ofen zu schießen, abhängt.
Kümmel, Anis und Koriander erhöhen den guten Geschmack.

2. Ein sehr gutes und gesundes Brod von Erdäpfeln (Kartoffeln) zu backen.

Man schält die rohen Erdäpfel, schneidet sie in kleine Stücke und legt sie über Nachts in frisches Wasser. Den andern Tag nimmt man sie heraus, setzt sie in einem großen Topf oder Kessel mit so viel Wasser, daß es die obersten erreicht, an’s Feuer, und kocht sie zu einem Muße. Ist dieses fertig und so abgekühlt, daß man die Hand darin leiden kann, so treibt man es durch ein enges Sieb in den Backtrog. Des Abends thut man den Sauerteig hinzu und knetet so viel Kornmehl hinein, als sonst ein gewöhnlicher Brodteig erfordert, ohne einen Trofen Wasser dazu zu gießen.

Diesen durchgearbeiteten Teig läßt man die Nacht über stehen. Des Morgens nimmt man wieder kein Wasser, sondern arbeitet den Teig wohl durch und knetet so viel Mehl hinein, bis er seine gehörige Dicke bekommt. Nun muß er noch 3 — 4 Stunden in ziemlicher Wärme stehen, ehe er ausgewirkt und in den Ofen geschoben wird. Mengt man etwas Salz und Kümmel in den Teig, so wird das Brot noch wohlschmeckender. Viele nehmen auch abgekochte, geschälte und nach dem Erkalten fein geriebene Erdäpfel, welche beim Einsäuren, nebst etwas Kümmel und Salz, unter das Mehl gemischt werden.

3. Huzel- oder Klezenbrod

Man nehme schon gekneteten und aufgegangenen, schwarzen Brodteig in eine Schüssel und dazu: gesottene und dann ausgekühlte Klezen, d. i. gedörrte Birnen, rein gewaschene und ausgelöste Zibeben (Rosinen), Weinbeeren, abgehäutete, geschnittene Mandeln und Nußkerne, eine angemessene Parthie klein gewiegten Zitronat, Nelken und Allmodegewürz, zusammen wenigstens so viel, als der Teig ist, mische es gut ab und mache Wecke oder Laibchen daraus. Dann walze man aus einem andern Teig einen großen Flecken aus, überstreiche ihn mit lauwarmen Wasser, lege den Weck darein, überschlage ihn gänzlich, überstreiche ihn mit Wasser, steche mit einer zweizüngigen Gabel viele Löcher hinein, lasse es aufgehen und backe es wie ein anderes Brod.

4. Sauerteig zum Brodbacken.

Diesen erhält man bekanntlich von dem Zusammenscharren des Backtroges und zwar in flüssiger oder harter Gestalt. Flüssiger ist dem harten vorzuziehen, weil der harte gerne unschmackhaft wird, wenn man ihn nicht schnell genug wieder braucht. Man kann die flüssige Säuere leicht vermehren, wenn man sie immer im nämlichen Geschirr, gut zugedeckt aufbewahrt und Mehl nachrührt, so oft von ihm etwas gebraucht wird.

5. Brod zu kneten, mittels dessen man von derselben Menge Mehl den viertel Theil Brod mehr an Gewicht erhält.

Man kocht in ungefähr 18 – 20 Maß Wasser ein Pfund Kleie eine Stunde lang, während man diese Masse häufig umrührt, um das Ansetzen und Anbrennen der Kleie zu vermeiden. Nachdem man diesen flüssigen Teig durch ein leinenes Tuch ausgepreßt hat, wendet man diese durchgepreßte, warme Flüssigkeit statt des Wassers an, um das Mehl auf die gewöhnliche Weise zu kneten.
Ausser dem Vortheil, den ein auf diese Art bereitetes Brod in Bezug auf das vermehrte Gewicht gibt, gewährt es auch noch den, daß dieses Brod weit leichter, als das gewöhnliche verdaulich ist und nicht schimmelt.

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