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So sollte die kluge Hausfrau 1843 mit einem Braten umgehen

by Gitti

Die Hannöversche Küche (1843)  Seite 7
Erste Abtheilung
Gebratene Fleischspeisen
Anleitung zum Braten

Es ist niemals rathsam, ganz frisch geschlachtetes Fleisch,
weder zum Kochen, noch zum Braten, von vierfüßigen Thieren
oder Geflügel zu verbrauchen, sondern erst dann, wenn es
einige Tage gehangen hat, wird es zart und schmackhaft. So
kann ein Stück Ochsenfleisch im Winter 8 Tage lang, im
Sommer 3 bis 4 Tage lang hängen, wenn die Hitze nicht zu
groß ist, und auch das dickste Stück vom Ochsen bedarf dann
kaum  4   Stunden   zum  Braten  und   darf   nicht   länger  als
3 Stunden langsam gekocht werden. Kalbfleisch kann man um
einen Tag weniger hängen lassen, und eine Keule von gutem
Fleische kann in 3 Stunden mürbe sein; ein Nierenbraten
braucht nur 24 Stunden;ist freilich das Fleisch schlecht, bedarf
es auch etwas längerer Zeit, ehe es mürbe wird. Ein Hammel-
braten kann eben so lange hängen und muß 3 gute Stunden
braten; ein Lammbraten braucht nur 2 Tage zu hängen und
1 ½ Stunden zu braten, muß aber anfänglich fleißig mit Butter
begossen werden. Ein Schweinsbraten kann gern 4 Tage
hängen,  besonders im  Winter;  auch villeicht ein Paar Tage
mit Salz eingerieben wer den, und bratet 4 Stunden. Beim
Wildbret kommt es darauf an, ob man einen starken Hautgout
liebt; ist dies der Fall, so wird der Geruch des Fleisches schon
von selbst die Zeit andeuten, wann es zu benutzen ist. Eine
Reh- oder Hirschkeule  muß,  nachdem  sie  groß  oder  alt  ist,  2 bis
3 Stunden braten; eine wilde Schweinskeule 4 Stunden; ein
alter Hase 2 bis 3 Stunden, ein junger Hase höchstens

 

Die Hannöversche Küche (1843) Seite 8
Erste Abtheilung
Gebratene Fleischspeisen
Anleitung zum Braten

1 Stunde. Ein Puter kann 3 Tage hängen und 2 Stunden
braten; eine alte Gans 2 ½ Stunden, eine junge Gans
1 Stunde; ein Kapaun 1 ½ Stunden, junge Tauben und Enten
1 Stunde, Fasanen, Rebhühner und Schnepfen 1 ½ Stunden.
Ist das Rindfleisch oder Kalbfleisch alt oder zähe, so kann
man sich leicht helfen, wenn man je zu 1 Pfund einen vollen
Eßlöffel Franzbranntwein zugießt, wenn es eben stark im
Braten ist; es wird früher und sicher mürbe und nimmt
nicht den mindesten Geschmack vom Branntwein an, welcher
verdampft.
Seitdem man in neuerer Zeit die zum Theil sehr empfeh-
lenswerten Kochmaschinen, die zugleich Bratröhren enthalten,
erfunden, von denen ich später ausführlicher sprechen werde, ist
das Braten am Spieße fast gänzlich abgekommen, was auch
allerdings weit mehr Mühe und Aufmerksamkeit in Anspruch
nimmt. Da man aber doch vielleicht in machen großen
Küchen den Bratspieß noch nicht ganz beseitigt hat, so werde
ich, wo es nötig ist, und sonst gebräuchlich war, besonders
darauf hindeuten. Will man sich zum Braten der Maschine
bedienen, so gebe man jedenfalls denjenigen den Vorzug, welche
durch Dampf und nicht durch unmittelbarer Berührung der
Flamme auf die Bratröhre wirken; doch ist die Bauart und
Heizkraft solcher Maschinen zu verschiedener Art, so daß man
sie erst ausprobieren muß, um die Dauer des Bratens bis zum
Mürbewerdens des Fleisches bestimmen zu können. Bei einem
gewöhnlichen Bratofen verfährt man folgendermaßen: man
beizt denselben, je nachdem er sich schwer oder leicht erhitzt,
eine ganze oder halbe Stunde vorher, ehe man den Braten
einsetzt. Nach dieser Frist gießt man kochendes Wasser auf den
Braten, daß er einschrumpft und fest wird, legt ihn dann in
die Bratpfanne, auf einen in derselben befindlichen hölzernen
Rost, begießt ihn nochmals mit kochendem Wasser und bestreut
ihn mit Salz. Nun läßt man ihn ruhig eine Stunde lang
braten; dann fängt man an, ihn mit Butter zu begießen und
fährt fleißig damit fort bis er gar ist. Schweine-, Hammel-,

 

Die Hannöversche Küche (1843) Seite 9
Erste Abtheilung
Gebratene Fleischspeisen
Anleitung zum BratenGänse- und Entenbraten begießt man nur mit ihrem eignen
Fette, das aus dem Braten läuft. Der Wildbraten aber be-
darf besonders des Begießens mit Butter, und ist er schon
etwas alt, so gießt man das erste Salzwasser ab, und gießt
ihm, ehe man ihn in den Ofen legt, eine ganz frische Salz-
lauge. Hat man einen Braten mit Nieren und Rippen, so
legt man die Nieren unten, weil das Stück oder die Seite, die
zuletzt gebraten worden ist, beim Tranchieren stets oben liegen
muß. Ist es ein gespickter Braten, so muß das Gespickte auch
zuerst unten gelegt werden, und will man den Geschmack noch
angenehmer machen, so spickt man, besonders Wild, nebenbei
noch mit Zitronenschale und ganzen Nelken. Hammelbraten
spickt man stark mit Schalotten. Soll der Kälberbraten recht
mürbe werden, so ist es nöthig, ihn vorher gehörig mit einer
hölzernen Keule zu klopfen. Ist nun der Braten gar, so bratet
man Butter braun, füllt die Bratenbrühe aus, gießt sie durch
ein Sieb und vermischt sie mit der Butter; dann gießt man die
ganze Sauce wieder über den Braten; oder gießt sie auch be-
sonders. Ist der Ofen einmal recht heiß, so erhalte man ferner
nur ein gelindes Feuer unter demselben.

1843 – Amalie Sieveking „Die Hannöversche Küche“ – Seiten 7-9

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