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Farcirte Semmelsuppe – 1805

by de olde Grotmüdders

Bestelle bey dem Bäcker kleine Semmeln, (je kleiner je schöner), die schön rund geformt sind ungefähr in der Größe eines halben Laubthalers, reib sie rungsherum ganz leicht ab, schneide dann aus jeder ein rundes Blättchen, so groß als ein 12 Kreuzerstück; nimm die Brosame gänzlich heraus, und lege die ausgeschnittenen Deckelchen recht genau wieder auf jede.

Mache ein Ragout, welches man Salpicon , nimm 2 blanchierte Kälberpreise (Kalbsmilch), wie auch ein gesottenes Kalbseuter, oder ein halbweichgekochtes Küheuter, welches aber nicht gar zu gelinde seyn darf; diese Preise und Euter müssen kleingewürfelt geschnitten werden.

Ferner legt man eine kleine Hand voll Morchel, ein wenig Chamignon, ein wenig Spargel und eine kleine Hand voll grüne Erbsen, wenn solche zu haben sind (giebt es aber keinen Spargel oder grüne Erbsen, so schneidet man etwas Petersiliekraut darunter) in ein Kastrol mit 6 Loth frischer Butter oder Krebsbutter, und würzt es mit Salz und Pfeffer. Dieses läßt man hernach auf dem Feuer passieren oder heiß angehen, und stäubet einen kleinen Kochlöffel voll feines Mehl, oder gießt statt des Mehl eine Achtelmaß von der angesetzten Coulis daran.

Hernach gießt eine Viertelmaß guter Bouillon darauf, und laß es kochen, bis alles gelinde ist.
Legire es dann mit Dotter von 3 oder 4 Eyern, und setze es auf die Seite, bis es kalt wird. Fülle hernach die ausgehöhlten Semmeln damit, decke sie mit den ausgeschnittenen Blätterchen wieder zu, bestreiche sie mit einem gelinden Teig von einem Ey und wenig Mehl, aber nur soweit bestreiche sie, als sie ausgeschnitten sind, und backe sie in gutem und reinem Schmalz schön gelb.

Will man dieses aber nicht, so muß man die Semmeln mit frischer Butter bestreichen, sie hernach auf eine Tortenpfanne legen, und in einem Ofen schön gelb backen.

Wird es Zeit zum Anrichten, so läßt man eine gute Bouillon in den Suppentopf passiren, legt die gebackenen Semmeln hinein, und läßt sie darin eine halbe Viertelstunde vor der Tafel auf einer kleinen Gluth weich werden, jedoch so, daß sie schön ganz und doch durchaus heiß auf die Tafel kommen.

Wohlgemerkt, für 12 Personen sind 12 Semmeln und 3 Maß(*) Suppe nothwendig.
Diese Brödchen kann man auch statt Pastetchen oder Hort d’oeuvres geben.

Bamberg – 1805
(*) Verbesserungen durch den Verfasser: „Statt 3 lies 2“

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Dieses Rezept galt zur Zeit des Drucks keineswegs als minderwertig. So soll es in den Dörfern und Klöstern der Region angewendet worden sein. Noch meine Großeltern haben selbst geschlachtet und jedes Tier bis auf den allerletzten Rest verwertet.
Gefunden wurde eine Abschrift des Originalrezepts 1953 bei Umbauarbeiten einer Pfarrerswohnung. Nicht überliefert ist, ob es wortwörtlich oder dem Geldbeutel und, wie mir seinerzeit eine altgediente Köchin eines bayerischen Landgasthofes versicherte, nach den Jahreszeiten oder nach den gerade verfügbaren Vorräten angepasst wurde. Was ja durchaus verständlich wäre und im Rezept selbst, vielleicht auch berücksichtigt wurde.
Die Zeiten waren bestimmt schwierig und erfolgreiche Vorratshaltung nicht einfach.

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