Home Omas Rezepte Die wohlfeil gedeckte Weihnachtstafel – 1879

Die wohlfeil gedeckte Weihnachtstafel – 1879

by Eugenie

Ich habe von Rotraut, einer Freundin meiner Freundin Claire, diese Rezeptfolge für ein Weihnachtsessen erhalten, welches ihre  Urururur-Eltern im Jahre 1879 anlässlich eines großen offiziellen Familienzusammentreffens serviert haben sollen.
Einige Jahr später hat man es gegen eine ausgelobte Prämie sogar in einer der damaligen Wochenzeitschriften als Leserbrief eingereicht und es wurde sogar abgedruckt.


Weihnachtliche Abendtafel
–  anno 1879  –
Receptbüchlein der Familie Wedering

 

Hummer in Coquilles. Man schneide Hummer, am besten aus Büchsen, wo der amerikanische besonders zu empfehlen ist, in mundgerechte, zierliche Stückchen und vermische ihn mit nachstehender Sauce, fülle ihn gehäuft in die Coquilles und stelle sie, über eine achteckig gefaltete Serviette, auf eine große runde Schüssel.
Für die Sauce halte man sechs ganz hart gekochte Eier, 60 g Sardellen und etwas Schalotten und menge es mit Essig und feinem Oel an.


Deutsch-Kaiser-Suppe
. Man streue in zwei Liter sehr kräftige, kochende Bouillon vier bis sechs gehäufte Eßlöffel voll Tapioka, je nachdem man eine dünne oder dickliche Suppe wünscht, und lasse es fünf Minuten kochen; habe dann recht schwarze, mit frischer Butter und ein wenig Bouillon gedämpfte Trüffeln, recht rote gepökelte Ochsenzunge und recht weißes Brustfleisch von gebratenem Geflügel, alles zu gleichen Teilen, schneide es in feine ganz gleiche Streifchen (Filets), lege sie in die Suppen-Terrine und gieße die Suppe darüber.


Gefüllte Maccaroni
. Man muß dazu echte Maccaroni nehmen, weil die andern sich zu leicht verkochen und die dickste Sorte, blanschiert sie in Wasser mit etwas Salz, kühlt sie mit frischem Wasser ab, legt sie zum Abtrocknen auf ein Tuch und bereitet nun die Farce aus 125 g fein gekochtem, gebratenem feinen Geflügel oder Wildbret, 125 g sein geschnittenem Speck, Schalotten, Champignons und Petersilien, fein geschnitten und von jedem einen Theelöffel voll, Salz, Pfeffer und Muskatnuß, welches man zusammen recht fein und zart im Mörser stößt, die Maccaroni vermittelst einer Wurstspritze damit behutsam füllt, sie mit etwas Bouillon über dem Feuer aufwallen läßt und gleich sehr heiß serviert.


Kabeljau als Delphin
. Man schuppe einen recht schönen Kabeljau, nehme ihn durch die Kiemen aus und binde den Schwanz in die Höhe, indem man ein Spießchen (Atalat) durch die Augen sticht, einen Bindfaden durch den Schwanz zieht und die beiden Enden dieses Bindfadens an beide Enden des Spießchens bindet, wodurch der Fisch das Ansehen eines schwimmenden Delphins erhält; lege ihn nun mit dem Bauch auf das Sieb der Fischkasserolle und überbinde ihn, um ihn in dieser Stellung zu erhalten, mit weißleinenen Bändchen, übergieße ihn mit kochendem Salzwasser und koche ihn darin sehr langsam. Dann wird er losgebunden, auf dem Bauche liegend über einer Serviette angerichtet und mit recht rund geschälten Salzkartoffeln umlegt, die ihm zugleich Halt geben. Man läßt geschmolzene Butter oder nachstehende holländische Essigsaure dazu reichen. Ist der Kabeljau ganz frisch, so muß er eine Stunde vor dem Kochen etwas gesalzen werden. Auch ist es gut, den Kopf mit Bindfaden zu überbinden, damit er ganz bleibe. Spießchen und Bindfaden werden, nach dem Kochen natürlich entfernt.


Zu der
holländischen Essigsauce rühre man in einer kleinen, ins BainMarie gestellten Kasserolle, sechs Eidotter, ein halbes Glas Essig, Salz, grob gestoßenen weißen Pfeffer, Cayennepfeffer, Muskatnuß und ein eigroßes Stück Butter, bis es sich verdickt, gebe nun, unter beständigem Rühren, nach und nach ½ Kilo sehr frische, feine Butter dazu und treibe es durch ein Haarsieb.


Sauerkraut mit Gansleberpastete
. Man nehme auf 1 ½ Kilo wohl ausgedrücktes, ja nicht gewaschenes Sauerkraut ½ Kilo feine, frische, am besten ungesalzene Butter, thue etwas davon in eine hohe, irdene Kasserolle und eine Lage Sauerkraut darüber und fahre so fort, bis alles Sauerkraut darin und mit dem Rest der Butter belegt ist, gieße das nötige Wasser dazu, lege ein mit Butter bestrichenes Papier darüber, welches nicht abgenommen werden darf, bis das Sauerkraut gar ist und decke es zu. Ist es nun gar, so füge man eine halbe Flasche Rheinwein oder noch bester Champagner hinzu und lasse es damit noch recht durchkochen, bis der Wein eingekocht ist, richte an und reiche Gansleberpastete dazu, welche man bis zum Servieren auf Eis stellt, mit einem in heißes Wasser getauchten Löffel in schönen Stücken aussticht und auf einer Schüssel anrichtet.


Gansleberpastete
. Zu einer Pastete mittlerer Größe würde eine große oder zwei kleinere Gänselebern, ¾ kg Schweinefleisch, ¾ kg Speck oder frisches Schweinefett und ½ kg Trüffeln ausreichen. Die Lebern schneidet man in vier Teile, zieht so viel wie möglich die Haut ab, bestreut die Stücke mit Salz und läßt sie so einige Zeit stehen. Die Trüffeln bürstet man sauber ab, schält sie recht fein, schneidet davon in länglich viereckige Stifte, wie dicke Speckfäden, salzt diese Trüffelstifte und drückt sie von allen Seiten in die Leberstücke, nachdem man zuvor mit dem Messer Einschnitte in diese gemacht, um das Eindringen der Trüffeln zu erleichtern. Die Hälfte des Fleisches passiert man mit etwas Schweinefett, einigen in Scheiben geschnittenen Zwiebeln, mit Salz, Pfeffer und den Abfällen der Leber auf raschem Feuer steif stößt oder hackt es mit dem rohen Fleisch und dem Schweinefett so fein wie möglich, thut noch das nötige Salz, gestoßene Gewürze und die feingehackten Trüffelschalen dazu und streicht die Farce durch. Nun setzt man die Gänseleberstücke mit der Farce und den in Scheiben geschnittenen Trüffeln schichtweise in einen Pastetentopf von Teig oder Steingut ein und läßt die Pastete 1 ½ — 2 Stunden backen und zwar im Wasserbade, wenn man sie in einem irdenen Pastetentopf bereitet. Ist die Pastete gar und erkaltet, so füllt man sie mit zerlassenem Schweinefett, bedeckt sie mit einem runden Papier und ihrem Deckel, und verwahrt sie an einem kühlen Orte. Will man sie gebrauchen, so entfernt man das Fett, stürzt die Pastete, nachdem man sie in warmes Wasser getaucht, und schneidet sie in dünne Scheiben, die man kranzförmig anrichtet und mit gehacktem Aspik und Aspik-Croutons garnirt. — Auf eine andere Art läßt man die Pastete erst im Eise recht fest werden und sticht sie mit einem scharfen Blechlöffel, den man in heißes Wasser taucht, zu dünnen Scheiben aus, die man recht hoch auf einer Schüssel übereinander türmt und mit Aspik garniert, oder auch in einem verzierten Aspik-Rande anrichtet.


Pfauenbraten
. Man kann dazu nur einen jungen Pfau vom selben Jahre gebrauchen, dann aber ist es ein in jeder Beziehung sehr ausgezeichneter Braten. Kopf und Hals mit den Federn, sowie die Schwanzfedern werden bewahrt; dann wird der Pfau gerupft, flammiert, rasch gewaschen, abgetrocknet und ausgenommen, hierauf, nachdem die Flügel untergeschlagen, gesalzen und mit Speck umwickelt, mit reichlich kochender Butter übergossen und so, die Brust nach oben, zwei bis dritthalbe Stunden lang rasch und unter fleißigem Begießen gebraten. Nun entfernt man den Speck und richtet den Pfau, die Brust nach unten, an: hat dann ein, an beiden Seiten zugespitztes Hölzchen, steckt den aufbewahrten, gefiederten Kopf an die eine Seite und schiebt die andere in den Pfau; die Schwanzfedern bindet man in Schwanzform leicht und elegant zusammen und legt oder steckt sie ebenfalls an, doch kann man den Braten natürlich auch ohne diese Zier, welche aber bei festlichen Mahlzeiten sehr beliebt ist, wie Truthahn servieren. Die Sauce wird wie bei anderen Braten fertig gemacht und in einer Sauciere zu dem Braten gereicht, nebst Salat und einem feinen Kompott. Brunnenkresse, einfach mit Essig, Oel und Salz angemacht und warmer Apfelkompott ist besonders passend.
Der Pfau darf, gleich dem Fasan, nur durch einen Schuß getötet werden.


Warmer Apfelkompott
. Man schäle ½ Kilo schöne Aepfel (am besten ist der pariser Rambour) und schneide sie in dicke Scheiben; lasse dann 180 g Zucker, 90 g Butter, einen halben Theelöffel Zimmt, die fein gewiegte Schale einer halben Citrone und einige Eßlöffel Korinthen auf dem Feuer heiß werden, lege die Aepfel sorgfältig hinein und dämpfe sie weich, doch müssen sie ganz bleiben, richte sie gehäuft und recht heiß an und gieße die Sauce darüber.


Englische Weihnachts-Pastetchen
(Mini-Pies). Man nehme sechs schöne, kleinwürfelig geschnittene Aepfel, 140 g Korinthen, 140 g Sultanini, 140 g aus der Haut gelöstes und fein gehacktes Nierenfett, 70 g Orangeschale, 100 g Mandeln, 175 g gebratenes und erkaltetes Ochsenfilet, 105 g geräucherte Ochsenzunge, alles fein geschnitten, die abgeriebene Schale einer Citrone und den vierten Teil einer Muskatnuß, fein gerieben, thue alles zusammen in eine Porzellanschüssel, gieße 1/8 Liter Kirschengeist oder Cognac und 1/8 Liter Sherrv oder Madeira darüber, menge es gut untereinander und lasse es, mit einer Papierscheibe überlegt und genau zugedeckt, über Nacht stehen.

Eine Stunde vor dem Servieren wird dann die nötige Anzahl Tortenförmchen, mit Butter ausgestrichen, mit messerrückendick ausgerolltem Blätterteig ausgefüttert und ein Eßlöffel voll von der Maße eingefüllt, mit einem Deckel von dem Teig geschlossen und in der Mitte fünfpfenniggroße Oeffnung ausgestochen, nun in einem ziemlich heißen Ofen (Röhre) zu schönster Farbe gebacken, über eine gebrochene Serviette auf eine Schüssel gehäuft angerichtet und warm serviert, nachdem man in jedes Pastetchen etwas Cognac gegossen und diesen angezündet hat, daß er aus demselben heraus brennt.
In allen guten Häusern Alt-Englands werden diese Pastetchen am heiligen Weihnachtstage serviert.


Königliche Sandtorte
. Man nehme dazu ½ Kilo ungesalzene Butter, ½ Kilo Zucker, ½ Kilo Kartoffelmehl, einen Eßlöffel feinstes Weizenmehl, zwölf Eier (sechs mit, sechs ohne Weiß), die am Zucker abgeriebene Schale einer Citrone und zwei Eßlöffel feinsten Rum. Die Butter wird abgeklärt, dann, wenn sie wieder kalt geworden, zu Schaum gerührt und nun immer nach und nach ein Ei oder ein Eigelb, ein Löffel Zucker und ein Löffel Mehl hineingerührt und wenn alles darin ist, welches gewöhnlich eine halbe Stunde dauert und der Teig wie Schaum ist, so gibt man den Rum hebend, nicht rund rührend, dazu, legt eine Springform mit weißem Papier aus, bestreicht es mit Butter, füllt die Masse hinein und backt die Torte, bei mäßiger Hitze, eine Stunde, nimmt sie aber nicht aus der Form, bis sie völlig erkaltet ist, sonst bricht sie auseinander.


27.11.2020


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