Post von „Nicole“ :
Sie hat im Handbuch ihrer Großmutter ein mit der Hand geschriebenes Familienrezept entziffert. Es dürfte in etwa aus der Hungerzeit stammen, welche dem Ersten Weltkrieg, durch Zahlung der Kriegsschulden, unmittelbar folgte.
Die magere Rezeptur könnte dies belegen:
— Gemeine Brotsuppe —
gewöhnliches, altes Restbrot jeder Art
gelbe Steckrüben
Zwiebeln
Petersilwurzln
Sellerieknollen
Mohren
alles kleinhacken und in kochendes Wasser schütten
etwa ½ Stunde kochen lassen; nicht sieden
immer umrühren, bis sich die Brotstücke darin auflösen
alles durch ein grobes Sieb drücken und in einen anderen Topf gießen
für 2 bis 3 Stunden kochen
Topf vom Feuer nehmen und nicht mehr kochen
sofort 2-4 verrührte Eier bei leichtem Umrühren einziehen
soweit greifbar Zitronensaft hinzugegeben.
Selbst hergestellter Weinessig oder Obstessig tun es auch.
So vorhanden mit Nelken, Lorbeer, Kerbel, Petersilkraut würzen
Geschnitten Porreegrün und Lauch je nach Anzahl der Esser dazu
Zucker oder Süßstoff , Süßrübenschnitzel solange einstreuen,
bis die Suppe den gewollten Geschmack ergibt.
Noch einmal bis zum Wallen aufkochen lassen.
Jetzt wieder vom Feuer nehmen,
Topf zudeckln und Suppe 1-2 Stunden ziehen lassen.
Vor dem Verzehr nach Bedarf fein salzen.
Auf den Eßteller je 1 Altsemmel oder 1 Scheibe hart gewordenes Brot legen,
darauf 1 Eßlöffel Butter oder Schweine- oder Gänseschmalz oder Rindertalg;
nun die heiße Suppe auffüllen;
angeweichten Semmel oder Brot zerteilen
oder geschnitten Semmel oder Brot neben den Teller zum Einstippen beilegen.
Gundulas Zumerkung (Gundula war die taffe Mutter meiner Großmutter und hat 1916-1917 die gesamte Familie: den kriegsversehrten Ehemann, den alterstauben Opa, 1 vaterseitige Omas, 1 Schwiegeroma und 6 Kinder durch die Hungerjahre und durch den harten Steckrübenwinter gebracht):
Nach dem letzten Kochen und vor dem abgedeckten 1-2 stündigen Stehenlassen noch ganzstielige Brenneßel hinzugeben.
Vor dem Servieren insgesamt wieder entnehmen.
….. 1:1 in der damals verbreiteten Schreibweise ……
18.12.2020 -Aus der Küche „Nicole“
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