Home Allgemein 1869/1878 – wie man sich im 19. Jahrhundert das Bett machte (1 von 4)

1869/1878 – wie man sich im 19. Jahrhundert das Bett machte (1 von 4)

by Concierge

Weiß heute noch jemand, wie man ein Bett herstellte?
Wie Oberbetten und Kissen befüllt wurden?
Und was füllte man da eigentlich hinein?
Worauf lagerte man sich zur Ruhe und was war die beste Unterlage?
Wie pflegte man eigentlich im 19. Jahrhundert sein Bett?


Ausgehend von der Idee, dass es bereits dem Frühmenschen ein Anliegen war, sich zur Nacht ein bequemes Lager zu bereiten, um ausgeruht und fit in den neuen Tag zu starten. Es ging ihm jeden Tag darum, dass er auch die nächste Nacht erlebte, hatte er also an einem sicheren, erfrischenden Schlaf ein maximales Interesse.
Daher habe ich mich heute einmal diesem Thema zugewandt, denn warum sollten unsere Voreltern im 19. Jahrhundert anders über die Nachtruhe denken?


Den von mir in dieser Artikelserie vorgestellten Text findet ihr in folgenden Büchern der 19. Jahrhunderts:

1875 (Abschnitt No. 18)
Die kluge und einsichtige Schweizerin vom bürgerlichen Stande.
Das wirksamste und nützlichste Festgeschenk für unsere lieben Frauen und erwachsenen Töchter hinsichtlich ihrer Stellung als Tochter, Gattin und Mutter und in Berücksichtigung anderer verschiedenster häuslicher und bürgerlicher Lebensverhältnisse, einer vollständigen und gründlichen Anleitung zur ordnungsgemäßen Führung eines wohlgeregelten Haushaltes und zur Begründung eines bleibend häuslichen Glückes.
5. Auflage vom Verlag Altwegg-Weber zur Treuburg.
Autor(in) nicht angegeben.

Das Buch wird auch mit diesem Titel seit 1865 immer wieder in neuen Auflagen auf den Markt gebracht.

1869 (Abschnitt No. 12)
Die kluge und einsichtige
Hausfrau
vom bürgerlichen Stande.
Das wirksamste und nützlichste Festgeschenk für unsere lieben Frauen und erwachsenen Töchter hinsichtlich ihrer Stellung als Tochter, Gattin und Mutter und in Berücksichtigung anderer verschiedenster häuslicher und bürgerlicher Lebensverhältnisse, einer vollständigen und gründlichen Anleitung zur ordnungsgemäßen Führung eines wohlgeregelten Haushaltes und zur Begründung eines bleibend häuslichen Glückes.
3. Auflage vom Verlag Altwegg-Weber zur Treuburg.
Autor(in) nicht angegeben.


Teil 1

Die Federbetten werden mit Federn von verschiedenem Geflügel, als von Rebhühnern, Haushühnern, Enten, welche die geringsten sind, am gewöhnlichsten aber von Gänsen gefüllt und ausgestopft, nachdem sie zuvor entweder geschlissen, oder am Kiele gelassen und mit demselben einigemal entzweigehackt worden. In besseren Haushaltungen werden die Betten mit Flaum, Schwanenfedern oder Eiderdunen gefüllt.

Ehe die Federn in die Betten gestopft werden, müssen sie einige Tage auf den Backofen gelegt und völlig ausgetrocknet werden; ebenso muß man darauf sehen, daß man nur völlig reife Federn (d. h. solche, welche an den Kielen nicht mehr blutig oder wässerig sind) erhält, und dieselben lebenden Gänsen ausgefallen oder ausgerupft waren; die Federn von getödteten Fettgänsen haben weit weniger Werth, da ihnen viel mehr Fett anklebt und sie leicht von den Motten heimgesucht werden. Die Fettfedern (in der Nähe der Fettdrüse oberhalb des Schwanzes) dienen niemals unter andern Federn, weil sie voll steifen Schleims stecken, wodurch andere gute Federn verdorben werden, so daß ebenfalls leicht Milben und Motten darin entstehen und die Federn immer einen widrigen Geruch an sich behalten.

Sind aber einmal schlechte Federn unter andere gekommen, so wird dagegen als ein bewährtes Mittel gerühmt: Wermuthsknospen am Ofen getrocknet, bis sie ganz dürr sind, klein gestoßen und unter die Federn gestreut. Hierdurch soll der Geruch vergehen und außerdem sollen diese Betten auf immer gegen Milben und Motten gesichert sein. Um dieses Ungeziefer ferne zu halten, wird auch angerathen, kleingestossene und wohlgedörrte Coloquinten unter die Federn zu mischen. Gestoßener Pfeffer zwischen die Bettfedern gebracht, ist gleichfalls als Schutzmittel schon öfters angewandt worden. Ein bewährtes Verfahren, Bettfedern ihren unangenehmen Geruch zu nehmen und sie zugleich gegen Infekten zu schützen, ist endlich, dieselben drei oder vier Tage lang im hellen Kalkwasser einzuweichen, in welchem sie niederfallen, worauf sie getrocknet werden.

Man will bemerkt haben, daß sich Enten- und Gänsefedern, wenn man solche in Betten zusammenbringt, nicht wohl bei einander erhalten, sondern die einen den andern zum Verderben gereichen; daher thut man besser, jede Sorte für sich allein zu lassen und die Gänsefedern in Unterbetten und Pfühle (*1), die Entenfedern hingegen in Oberdecken und Kopfkissen zu stopfen.

Da die Entenfedern, wenn sie ohne Vorbereitung in Betten gestopft werden, sich in kurzer Zeit zusammenballen und unbrauchbar werden, so muß man, um dies zu verhüten, folgendes Verfahren beobachten: Man läßt einen Kessel voll Wasser sieden, wirft so viel lebendigen Kalk hinein, daß es eine ganz schwache Lauge gibt, legt die Entenfedern hinein und rührt sie um, damit sie alle recht gut in der Lauge eingeweicht werden. So lässt man sie kurze Zeit kochen, nimmt sie dann mit einem Körbchen oder Sieb heraus und spült sie einigemal in reinem Wasser, damit nichts von der Kalklauge zurückbleibt. Hierauf legt man immer eine Hand voll in ein Sieb, stellt dieses am besten in die Sonne, rührt öfters in den Federn und lockert sie fleißig auf; so werden sie nicht blos sehr leicht und elastisch, sondern sie verlieren auch gänzlich die schlimme Eigenschaft, sich zusammen zu ballen.

Um zu verhüten, daß die Federn oder der Flaum durch das öftere Schütteln der Betten den Drillich oder Barchent (*2) durchstechen und davon fliegen, pflegt man die innere Seite desselben vor dem Stopfen der Federbetten mit etwas weicher Seife zu überstreichen oder mit einer Wachskugel zu wichsen. Am besten eignet sich jedoch folgende Mischung zum Bestreichen der Betten:

Zu zwei einschläfigen Betten nimmt man 5 Maß Wasser in eine Pfanne, thut 5/4 Pfund weißes Wachs dazu, läßt es kochen, bis dieses geschmolzen ist, und thut dann 12 Loth venetianischen Terpentin hinzu; hierauf rührt man 1/8 Simri Mehl mit 4 Maß kaltem Wasser glatt an, schüttet von der heißen Masse dazu, bis es warm ist, kocht dann alles zusammen 1/2 Viertelstunde, nimmt es vom Feuer weg, bespritzt es mit kaltem Wasser, damit es keine Haut bekömmt, und bestreicht die Betten so warm wie möglich damit.

Hinsichtlich des Bedarfs von Federn in die einzelnen Bettstücke kömmt es darauf an, ob man festgestopfte Betten liebt oder nicht. AIs Regel kann gelten, daß, wenn man das Bettstück halb voll fest stopft und dann aufschüttelt, dasselbe die rechte Menge von Federn oder Flaum enthalten wird.

Neue frisch gefüllte Betten müssen vier Wochen nach einander täglich in die Sonne gelegt und ausgeklopft werden, weil sonst die neuen Federn einen sehr unangenehmen Geruch annehmen und der Flaum sehr staubt.


Teil 2 folgt


(*1) Pfühle = Kopfkissen, ein weiches Kissen zum Federbett
(*2) Barchent = Baumwollflanell, auf der „linken Seit“ weich aufgeraut

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Hi, ich bin hier die Aufsicht und sozusagen das Mädchen für alles. Ich werde gerufen, um Ordnung zu halten oder aufzuräumen. Jedoch auch, wenn meine Kolleginnen vor Problemen stehen oder Leser/innen sich mit Wünschen oder Nachrichten an die Blog-Redaktion wenden. Bin 365/24 für diesen Blog da, aber nicht rund um die Uhr erreichbar.


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