Vorab: Dies alte österreichische Rezept nennt „Martini“ (11.11.) als den Tag, an welchem die Gänse im allgemeinen fett genug gemästet sind, um geschlachtet werden zu können.
Dies hat aber nicht unbedingt einen religiösen Hintergrund. Auch die bereits kalten Herbsttage / -nächte und die ersten Fröste machten das Aufbewahren und Lagern von Geschlachtetem möglich.
Es ist also nicht Voraussetzung, dass das Stechen, Rupfen einer Gans und das darauf folgende Zubereiten ausschließlich als Martini-Gans vorstellbar war.
Gänsebraten wurden durchaus das ganze Jahr zubereitet – einschließlich Weihnachtszeit >>siehe das nächste Rezept „Gänse (junge) gebraten<<.
Martini-Gans gebraten
Die vollgewachsenen Gänse, welches um Martini der Fall zu seyn pflegt, werden gebraten; dieses Braten währt bey solch einer Gans gegen fünf Viertelstunden.
Das Feuer muß sorgsam unterhalten und der Braten nicht zu nahe an dasselbe gerückt werden.
Da sie mit Fett überwachsen sind, so schwitzen sie viel von demselben aus, und brauchen daher nicht mit Butter bestrichen zu werden, sondern sie werden von einer Zeit zur andern mit ihrem eigenen abgetropften und in der Bratpfanne aufgesammelten Fette begossen, bis sie die gehörige Farbe erhalten und vollkommen gar gebraten sind.
Die Würze ist Salz und Majoran, die letztere wird nur von innen angewendet.
Zu diesem Braten wird gewöhnlich Mandelkreen beygesetzt.
Mandel-Kreen
Vier Loth*) Mandeln, wobey einige bittere seyn sollen, werden abgeschält, fein gestoßen, und mit einer halben Maß**) Obers***) erst abgerührt, dann durch ein Haarsieb gestrichen.
Nun werden zwey Loth Butter mit einem Eßlöffel voll Mehl abgerührt, mit der Mandelmilch genäßt und unter während dem Umrühren ins Kochen gebracht.
Hierzu kommen nun zwey Eßlöffel voll geriebener Kreen****), und ein Eßlöffel voll Zucker.
Österreichische Maße und Gewichte – in dieser Erklärung gerundet:
*) 1 österreich. Loth = 17,5g. Es ist unterteilt in 4 Quentchen zu je 4,375g.
**) 1 österreich. Maß = 1,42 Liter. 1 Maß besteht aus 4 Seidel je 0.35 Liter.
***) ****) → Omas Küchensprache