Ich habe mit den Blog-Freundinnen einmal das Thema „Wie kam eine durchschnittlich arme Familie im 19. Jahrhundert eigentlich an ein Buch?“ durchgekaut. Schließlich fehlt uns ja doch jede Vorstellung, um uns das Alltagsleben unserer Voreltern irgendwie vorstellen zu können. Und wer denkt schon an solche Kleinigkeiten.
Klar gab es jede Menge Bücher und dazu eine Unzahl Trivialliteratur und Kochbücher kamen nahezu schränkeweise auf den Markt.
Viele Köchinnen, die 5 Jahre in Töpfen herumgerührt hatten, kam auf die Idee, ihre Rezepte zusammenzuschreiben und das was fehlte aus bereits vorhandenen Büchern herauszuschreiben. Diese Idee hatten auch reichlich die Druckereien, denen irgendwann ein Bestseller fehlte, und die dann eines trüben Abends bei einem ordentlich großen Glas Wein irgendwelche Autoren/ Autorinnen zurechtfabulierten oder diesen Gedanken z.B. „verfasst von Hamburger Hausfrauen“ nannten.
Und schon war aus einer Unmenge zusammengeraubter Küchenrezepte für ein nicht existierendes Frauenzimmer ein neues Kochbuch für Ihresgleichen „geschrieben“ worden. Und wenn es klappte gab es eben eine begnadete Autorin, die wegen ihres gesellschaftlichen gehobenen Standes lieber anonym wollte. Das verstand jede Leserin.
Ich stelle mir vor, dass der Kaufpreis eines gebundenen Exemplars für einen Knecht, eine Magd, einen Tagelöhner, Wandergesellen, eine gewöhnliche Hausfrau mit durchschnittlich 4 bis 6 Kindern usw. einfach viel zu hoch gewesen ist. Diese Bevölkerungsschicht war auch nicht die Zielgruppe der Kochbuchindustrie. Ihr fehlte neben der Bildung auch die Kaufkraft.
Hat man für solche Personen seinerzeit eine Lösung parat gehabt?
Eva aus Cottbus
hat uns 3 JPEG’s mit folgendem Original-Text zugemail.
Wir haben ihn aus der Fraktur- in heutige Druckschrift umgetextet und für Euch lesbar gemacht:
von Theodor Pergay,
Buch-, Kunst-, Musik-, Schreib- und Zeichenmaterialien-Händler
zu Aschaffenburg.
Große Metzgergasse Lit . A . Nro . 160.
für einen Monat mit . . . . . . . fl.—. 30 kr
für ein Vierteljahr mit . . . . . .fl. 1. 21 kr.
für ein halbes Jahr mit. . . . . .fl. 2. 30 kr.
für einen Monat mit . . . . . . . fl.—. 40 kr
für ein Vierteljahr mit . . . . . fl. 1. 48 kr.
für ein halbes Jahr rnit. . . . . fl. 3. 15 kr.
3) Auswärtige Abonnenten bezahlen eben so viel wie hiesige mit 2 Büchern, erhalten aber nach Maßgabe ihrer Entfernung 4 bis 6 Bücher zu gleicher Zeit.4) Die Leihgebühren für Nichtabonnenten betragen für 1 Buch täglich 1 kr. , so daß, wenn das Buch über Nacht behalten wird , dieß für 2 Tage gerechnet wird.
5) An mir unbekannte Personen können Bücher nur gegen Einlage des Werthes als Pfand verabfolgt werden.
6) Wer ein Buch länger als vier Wochen nicht wechselt , erklärt dadurch stillschweigend , daß er es behalte, und wird ihm solches dann zum Ladenpreise nebst den zum Tage der Rückgabe aufgelaufenen Leihgebühren in Rechnung gebracht.
7) Jeder, der ein Buch aus Nachlässigkeit oder Muthwillen, und auf welche Art es auch sey, verunreinigt, unbefugte Noten mit Bleistift oder Tinte einschreibt , Kupfer oder Blätter heraußreißt, ist verbunden, den ganzen Werth des Buches zu ersetzen.
8) Die Abonnenten werden ersucht, beim Abholen der Bücher jedesmal mehrere Nummern aufzuzeichnen , damit wenn eins oder das andere ausgeliehen wäre, mit einem anderen aus der bemerkten Zahl gedient werden kann.
9) Wenn ein Leser ein Buch nicht selbst bei mir abholt, so muß der zu sendende Nummernzettel mit dessen Namensunterschrift versehen seyn.
10) Es geschieht öfters, daß Leser mir die Wahl der ihnen zu sendenden Bücher überlassen. Da es aber sehr schwierig ist, eine richtige Wahl zu treffen, theils wegen der großen Verschiedenheit des Geschmackes , öfters auch wegen Mangels an Zeit und endlich weil ich nicht wissen kann, welche Bücher der Leser schon gehabt hat, so ist es mir angenehmer , wenn ich durch Aufzeichnung von Nummern dieser Mühe enthoben werde.
11) Auswärtige Abonnenten haben das Porto hin und her zu tragen , und für etwaigen Schaden , den die Bücher unterwegs erleiden sollten, zu haften.
12 ) Sollte ein Bücher – Liebhaber ein Buch zu kaufen wünschen, so steht es ihm zu dem im Katalog bemerkten Preise und gegen Vergütung des Einbandes zu Dienst.
13) Die Leihbibliothek ist täglich von 8 bis 12 Uhr Vormittags und von 1 bis 6 Uhr Nachmittags offen , ausgenommen Sonn- und Feiertags, wo nur von 8 bis 12 Uhr Morgens Bücher verabreicht werden.
Erklärung 1 fl ist ein Gulden. Dieser besteht aus 60 Kreuzern.
1 Kreuzer unterteilte sich in 4 Pfennige.
A.P. – 16.12.2020
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