Alexandra fraget bei Wilma an, ob wir an einer Veröffentlichung aus einem alten Buch der Familie interessiert sind.
Ihr ist im Haushalt ihrer Großmutter ein richtig alter „Töchter-Spiegel“ aus dem Jahre 1821 in die Hände gefallen und dieser scheint thematisch in die Richtung der „Kleinen Wirthschafterin“ des Pastors Ziehnert zu passen, welches ebenfalls 1821 gedruckt und zum Teil bereits in diesem Blog veröffentlicht wurde.
Alexandra hat uns vorab etliche Textbeispiele geschickt.
Wie bei Pastor Ziehnert kommt auch in dieser Lektüre von
Bartholomäus Bacher aus Trostberg
der väterlich-gütige Ton und die eindeutig erzieherisch-gute Absicht unübersehbar zum Vorschein, mit der die Töchter damals bereits seit ihrer frühen Kindheit auf ihren Platz in der Familie und die Buben auf ihre ständerechtlich geprägte, gesellschaftliche Rolle vorbereitet werden sollten.
Wilma hat dieses Beispiel aus den 193 Seiten herausgegriffen:
“ Die Brave Gattin „
Karoline war eine sehr musterhafte Gattin, sie lebte mit ihrem Manne so zufrieden und einig, wie billig alle Frauen mit ihren Männern leben sollten. Das beståndige Ziel ihrer Wünsche war die Liebe und Zufriedenheit ihres Gatten immer mehr zu gewinnen und zu erhalten. Sie wendete in dieser Absicht alle erlaubten Mittel an, die ihr zu Gebothe standen, um zu bewirken, daß ihrem Gatten nirgend so wohl war, wie bey ihr und in ihrer Gesellschaft, daß ihm jedes Vergnügungen nur dann erst recht schmackhaft wurde, wenn er es mit ihr genoß.
Sobald sie eine gewisse Gleichgültigkeit gegen sich, oder eine erzwungene Freundlichkeit des Mannes wahrnahm, so verdoppelte sie ihre Aufmerksamkeit, ihm gefällig zu seyn, und spürte besonders den Ursachen nach, welche diese Veränderung etwa bewirkt haben könnten. Fand sie dann, daß die schuld an ihr liege, so that sie alles Mögliche, den Gatten wieder heiter und freundlich zu machen.
Sie blieb ihm das ganze Leben hindurch treu und ergeben, und suchte ihn von ihrer Treue so zu überzeugen, daß nicht der mindeste Verdacht der Untreue in seinem Herzen aufglimmen konnte.
Sie betrachtete ihren Mann in allen Fållen als ihren besten Freund , der alle Freuden und alle Leiden des Lebens mit ihr theilte , und ihren willigsten Versorger auf Erden. Dabey war sie fleißig in ihren weiblichen Geschäften, und suchte in der treuen Erfüllung ihrer Pflichten ihre größte Ehre, und ihr vornehmstes Vergnügen.
Kam ihr Gatte von der Verrichtung seiner Amtsgeschäfte nach Hause, so empfing ihn Karoline jederzeit freundlich, und mit offenen Armen. Sie betrug sich immer munter und heiter gegen ihn, und unterhielt ihn mit freundschaftlichen und ermunternden Gesprächen.
Häusliche Verdrüßlichkeiten erfuhr er gemeiniglich erst, wenn sie dieselben durch ihre Klugheit beygelegt hatte, und sie studierte ordentlich darauf, ihm tåglich neue Freuden zu machen.
Die Mutterpflichten waren so ein angenehmes Geschäft fiir sie, daß ihr keine Mühe zu sauer wurde, sie redlich zu erfüllen. Das Gesinde wußte sie, ohne gebietherisches Wesen; durch Sanftmuth und Güte zu regieren, sorgte für dasselbe wie eine Mutter, und ging ihm fast bey jedem Hausgeschäfte voran, indem eine unverzårtelte Gesundheit und anhaltende Übung ihr die Arbeit zum Spiel machte.
Sie war Meisterin in der Küche; in der Fertigkeit im Spinnen, Nåhen und andern weiblichen Künsten konnte sie es mit Tausenden aufnehmen, und unter ihrer Aufsicht ging im Hause alles vortrefflich von statten.
Dabey wußte sie sich als Gesellschafterin auch im glänzendsten Zirkel mit Anstand zu zeigen , und bewies im Umgange ein treues Herz, ohne Falschheit und Hinterhalt. Gegen jedermann war sie leutselig und herablassend.
Ihr weiches Herz neigte sich gerne zu den Armen, denen sie nach vollen Kräften diente und half. Alles aber, was sie im ganzen Leben gethan und ausgerichtet hat, ist, ohne Geräusch und Aufsehen zu machen, in stiller Gelassenheit geschehen.
Sittsames, bescheidenes Wesen waren die Hauptzüge ihres Karakters.
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A.P. + Wilma am 22.04.2021
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