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Weihnachten,
ein Fest der Freunde des Kartoffelsalats
Die Speisekartoffel wird lt. Wikipedia in Deutschland – abgesehen von einer kurzen Zeit vor dem 30-jährigen Krieg – ab 1701 von den Waldensern in einer kleinen Gemeinde in Baden-Württemberg angebaut. Das war natürlich nur eine sehr geringe Anbaufläche und ohne Auswirkung auf die Gesamtbevölkerung, in der sich der ärmere und größere Anteil überwiegend auf traditionelle Art von Grütze (Habergrütze) ernäherte und – was für ein Wunder – gar kein Interesse an einer Veränderung verspürte.
Wat der Bua nit kennt, dat frett er nit!
1740 begann ein Experiment nahe Leipzig und zeigte Erfolge.
1747 baute der Oberjägermeister von Langen die Kartoffel im Harz an. Ebenfalls mit regionalem Erfolg. Aber die Kartoffel kam nicht über den Status einer Armenspeise hinaus.
Nicht einmal der große Friedrich konnte seine hungernden Preußen von den Vorzügen der Kartoffel überzeugen. Er aß sie garantiert auch nicht; wie konnte er so ihren Vorteil bekunden?
Er musste – wie so oft – Zwangsmaßnahmen ergreifen, um das Volk zu seiner hoheitlichen – also irgendwie zur gottgewollten – Bestimmung und den von „ihm zu ihrem Fortune “ befohlenen Kartoffelanbau zu geleiten.
Ab dem 19. Jahrhundert hatte die Kartoffel auf langen Umwegen ihren schlechten Ruf als reines Schweinefutter überwunden und war deutschlandweit auf den Tischen der einfachen Bevölkerung und in deren Schlicht- oder Armeleuteküchen etabliert.
Ihr Ruf hatte zwar immer noch nicht den einer, die gesellschaftlichen Schichtungen übergreifende Nationalspeise erlangt, aber die Ablehnung, sie als Beilage bei Tisch zu servieren – auch Gästen, war erheblich geringer geworden. Ihre vorteilhafte Eignung als eine gesunde, nahrhafte Basisspeise war inzwischen allerdings unbestritten.
Bereits 1782 veröffentlichte Johanna Katharina Morgenstern in der ersten Ausgabe zu ihrem „Unterricht für ein junges Frauenzimmer, das Küche und Haushaltung selbst besorgen will…“ ein von ihr auch später noch über viele Jahrzehnte immer wiederholt wortgleich aufgerufene Rezept mit dem Titel „Kartoffeln“.
Man wäscht sie fein ab, kocht sie in Wasser auf und trägt sie mit der Schale auf den Tisch; dies nennt man Kartoffeln mit der Montirung. Hierzu giebt man geschmolzene Butter herum.
Man kann sie auch geschält in Stücke schneiden und frische Butter dazwischen legen.
Auch bloß mit Salz essen, nur müssen sie recht heiß sein.
Sie schmecken auch gut, wenn man sie, nachdem sie gar gekocht und abgeschält, in einer Brühe von Wasser, Salz und Butter, worein etwas Mehl gequirlt, aufkochen läßt; hierzu nimt man gern kleine Kartoffeln. Hat man Fleischbrühe oder Wurstsuppe, kann man sie darin kochen.
Abgekochte, kaltgewordne und in Scheiben geschnittne Kartoffeln in Butter gelbbraun gebraten, sind auch schön.
Man kann auch Sallat davon machen, wenn man die Kartoffelscheiben salzt, mit Eßig und Baumöl menge; aber der Sallat muß etwas fett und mit Pfeffer überstreut seyn,
Dies sind einige einige Arten, die Kartoffeln zuzubereiten, sie sind eine wohlschmeckende und nahrhafte Speise, und man kann sie noch auf verschiedene Arten zurechte machen.
Eine frühere Kochanweisung zur Herstellung von Kartoffelsalat konnten die Mitautorinnen und ich in unserem gemeinsamen KOCHBUCHARCHIV – bestehend aus über ganz Deutschland verstreuten mehreren Küchenschränken in zig Haushalten – nicht aufstöbern.
Wer zu Weihnachten Kartoffelsalat mit Würstchen auf den Tisch des Hauses stellt, sollte zumindest einen ganz kurzen Moment innehalten und seinen fabelhaften langen Aufstieg vom Essen armer Leute zum bundesweiten Standard deutscher Weihnachtsfeste gedenken.
Damals war es noch nicht so weit.
Aber in der zu jener Zeit vor ihm liegenden Kartoffelsalat-Zukunft kamen noch unendlich viele Rezeptvariationen hinzu. Sogar von international anerkannten Kochkünstlern beachtet, arbeitete sich die ehedem arg missachtete Kartoffel Stück für Stück zur Lieblingsspeise in deutschen Haushalten empor bis zum weihnachtlichen Kartoffelsalat.
Welches Nahrungsmittel kann da mithalten?