Guten Tag werte Leserin, teurer Leser, heute veröffentliche ich einen Auszug aus einem Brief, der 1867, dargestellt in einem gesammelten Briefwechsel zu Leben, Wirtschaften, Kochen und Haushaltsführung unter dem Sammeltitel “Das Hauswesen” veröffentlicht wurde.
Hierin dokumentiert die Autorin uns durchaus spannend – in von ihr garantiert ungewollter Manier – wie vor 170 Jahren das liebe Federvieh gehalten, behütet, als wertvoller Besitz behandelt und im Krankheitsfall individuell gesund gepflegt wurde.
Hier bekommt der “gute, alte Zeit” für mich erstmals einen Sinn.
Nicht, dass das Huhn, der Hahn am Ende seinem Schicksal, dem Kochtopf entgehen hätte können oder ihm ein extrem langes Leben garantiert war. Ich meine damit, dass ich hier schwarz auf weiß lesen konnte, dass das Lebewesen Huhn seiner Besitzerin / seinem Besitzer tatsächlich einen beachtlichen Wert bedeutete, den sie/er durchaus zu schätzen wusste und sich zu bewahren mühte.
Unsere heutigen Hühner, nicht von den Hähnen zu reden, würden – wüssten sie um eine solche Behandlung anno dazumal – auf der Stelle und in unermesslicher Anzahl den “Aufstand der Tiere” anzetteln und in der Abwägung, wäre Ihnen sogar die unangenehme Tortur des Stopfens mit purer Bioware nicht des Gackerns wert.
Dieser “Brief” von Scharlott hat mich sehr nachdenklich bemacht. Sehr !
Eure Eugenie
Vorab meine allerletzte Zwischenrede:
Das Bildmaterial ist neu und ich es zugefügt. Ich habe die altertümliche Fraktur-Schrift in heutige Schriftzeichen übertragen, Formulierungen und Schreibweise der Verfasserin von 1867 aber 1:1 beibehalten.
Es ist also kein Schreibfehler, wenn Küken im Brief als Küchlein bezeichnet werden. Könnt ihr ruhig glauben.
– Über die Hühnerzucht –
Da ich durchaus nicht beabsichtige, in diesen Briefen Naturgeschichte zu treiben, so unterlasse ich eine umständliche Beschreibung der Hühner, Hähne, Enten, Gänse, Tauben u. s. w., und beschränke mich auf die Mittheilung, wie dieselben gezogen werden sollen, um möglichst großen Nutzen abzuwerfen.
Die gewöhnliche Bevölkerung eines Hühnerhofs besteht aus zehn bis zwanzig Hennen mit einem Hahne; eine größere Zahl von Hennen schadet diesem Letzteren sowohl, als der Fruchtbarkeit der Hennen. Zwar legen auch die Hühner Eier, welche keinen Hahn in ihrer Umgebung haben, allein diese Eier taugen nicht zum Ausbrüten und Viele behaupten, dieselben seien weniger gesund, als die durch den Hahn befruchteten Eier.
Hühner und Hahn suchen sich ihre Nahrung im Freien, im Hofe, auf Miststätten, Grasplätzen oder angebautem Boden und sättigen sich mit Würmern, Insekten, allerlei Gesäme, dem Abfall aus Küchen und Scheunen, so daß man ihnen bei ungehindertem Laufe nur wenig besondere Nahrung zu verabreichen braucht. Besonders gern fressen sie Hafer, Gerste, Roggen, Welschkorn und Waizen; des letzteren sind sie jedoch bald satt. Man wähle daher von diesen Getreidearten stets die wohlfeilste zur Fütterung und gebe ihnen nebenbei etwas Kleien, die mit siedendem Wasser zu einem Brei angebrüht werden, oder gekochte und zerdrückte Kartoffeln, allerlei gekochtes Gemüse, gehacktes Fleisch und Bröckchen oder Brosamen von Brod, die mit Wasser etwas angefeuchtet werden. Gekochte oder angebrühte Speisen dürfen ihnen jedoch nicht warm vorgesetzt werden, und sollen die Hühner hübsch gesund bleiben, so lasse man die Speisen auch nicht sauer werden. Streut man ihnen bei der Fütterung mit Kleien, Kartoffeln oder dgl. täglich nur ein Mal etwas Getreide vor, so werden sie hinlänglich davon gesättigt und werfen einen schönen Nutzen ab, da man im Durchschnitt auf eine Henne jährlich 100 bis 120 Eier rechnen darf. Wie viel jedoch die Hühner legen, das hängt ganz besonders von der Behandlung derselben ab. Hauptbedingungen der großen Nutznießung sind jedenfalls die, daß man sie mäßig füttere und im Winter warm halte; auch werden als äußerst wirksame Nahrungsmittel Oelkuchen, ausgepreßter Leinsamen, zur Hälfte Weizenkleie und zur Hälfte Eichelmehl mit siedendem Wasser angebrüht und zu einem Teig geknetet, empfohlen. Mischt man etwas Brennesselsamen unter ihr Futter, so legen sie im folgenden Winter fleißig; von nämlicher Wirkung sind die trockenen und im Wasser gekochten Brennnesselblätter.
Das Trinkwasser, das man, wie die gekochten Speisen, dem Geflügel in einem hölzernen Geschirre vorsetzt, muß täglich durch frisches ersetzt werden, und damit die Eier ihre gehörige harte Schale erhalten, ist es bei Hühnern, die nicht freien Lauf haben, zweckmäßig, etwas Sand oder gestoßenen, alten Mauerkalk in das Wasser zu werfen.
Unter den vielerlei Hühnerarten sind die gewöhnlichen Bauernhühner die vorzüglichsten, weil sie nicht nur fleißiger legen, als die großen, buschigten Hühner, sondern auch munterer und emsiger im Aussuchen ihrer Nahrung sind. Die von mittlerer Größe, schwarzer, gelber oder gesprenkelter Farbe, großem Kopf, rothem Kamm, lebhaften Augen und bläulichen Füßen hält man für die besten. Die buschigten Hühner legen zwar größere Eier, doch nicht so andauernd, und fressen mehr. Vom siebenten oder achten Monate an legen gute, junge Hühner, ausgenommen zur Mauserzeit und bei großer Kälte mit Schnee, fast das ganze Jahr hindurch. In den ersten 14 Tagen legen manche täglich ein Ei, andere alle 2 Tage eines, wollen sie aber mit dem Legen aufhören, nur je am dritten Tage. Hühner, welche zu fett sind, legen fast gar nicht, ebenso die, welche gelbe Füße und Sporen haben, wie der Hahn scharren und krähen und sich gerne raufen, oder alte und solche mit dicken Hälsen. Diese schaffe man alle weg, so wie die Hennen, welche ihre Eier selbst fressen. Sperrt man dergleichen Hühner ein und gibt ihnen 10 bis 12 Tage lang hinlänglich gute Nahrung, bestehend aus gekochten Kartoffeln, gekochten Erbsen, in Wasser oder Milch eingeweichtem Brod, und täglich frisches Wasser, so werden sie binnen dieser Zeit ausnehmend fett und zart.
Sollen die Hennen recht schmuck und säuberlich aussehen, so darf der Hühnerhof nicht feucht und ihr Stall nicht dumpf sein. Sie lieben einen Hellen, trockenen und reinlichen Aufenthalt und je mehr der Stall diesen Bedingungen entspricht, um so munterer und gesunder bleiben sie und um so weniger verlegen sie ihre Eier. Die zweckmäßigste Art von Hühnerställen sind daher die in erhabener Lage mit zwei Abtheilungen, deren eine zum Aufsitzen und Füttern, die andere zum Legen und Brüten bestimmt ist. Dabei sollen sie recht gut vertäfelt, die Thüren fest paffend und die Fenster von innen mit Draht vergittert sein, um sämmtlichen Geflügel- und Eierdieben, als Mardern, Iltissen, Füchsen, Ratten und Mäusen den Eingang zu verwehren. Bei der Abenddämmerung suchen die Hühner den Stall auf, daher in dem einen Theil oder auf der einen Seite desselben Latten oder Pfähle angebracht werden müssen, und zwar so neben und über einander, daß die Thierchen beim Aufsitzen Raum genug haben und einander nicht beschmutzen können. In dem andern Theil macht man Nester von Heu oder Stroh. Während der Legezeit betastet man die Hühner , bevor man sie aus dem Stalle läßt, und hält diejenigen darin zurück, welche ihr Ei noch bei sich haben. Der Stall muß alle acht Tage gereinigt, der Mist und Koth vom Boden, den Wänden und den Stangen, wo sie auffitzen, abgescharrt, das Stroh oder Heu gewechselt und der Boden mit Sand bestreut werden, um die Hühner so viel als möglich gegen ihre Hauptplage, die Läuse, zu schützen. Wo sich dieses Ungeziefer einstellt, sehen die Hühner struppig und traurig aus, fressen wenig und legen selten. Diesem Uebel ist jedoch durch Reinlichhaltung des Stalles und auch dadurch vorzubeugen, daß man im Frühjahr und Spätjahr denselben mit Wachholder ausräuchert, oder die Fugen im Getäfel und Boden mit scharfer Tabakslauge (Tabaksasche mit heißem Wasser abgebrüht) und die Wände mit Kalk auspinselt. Sind die Hühner schon mit Läusen behaftet, so schaffe man einen Haufen alten, zu Sand verstampften Mauerkalk mit Staub vermischt in den Hof; die Hühner werden sich darin wälzen, die Läuse abschütteln und selbst auffressen. Dabei reiche man ihnen etwas besseres Futter, als gewöhnlich.
Wenn eine Henne bei warmer Witterung geraume Zeit nach einander gelegt hat, so bekommt sie Neigung zum Brüten, was sie durch Glucken und beharrliches Sitzen aus dem Eiernest zu erkennen gibt. In diesem Zustande legt sie nicht, daher man die, welche nicht brüten sollen, einigemal in kaltes Wasser taucht, dann 24 Stunden an einen finstern Ort sperrt und während dieser Zeit ohne Nahrung läßt. Da sich jedoch die Neigung zum Brüten immer und immer wiederholt und solche Hühner nicht legen, so ist es rathsamer, sie brüten zu lassen.
Zur Brut hält man zweijährige oder noch ältere schwarze und braune Hennen für besser, als jüngere oder weiße. Man unterlegt einer Gluckhenne, je nach ihrer Größe, 15 bis 21 Eier, welche sorgfältig ausgewählt werden müssen und nicht über 4 Wochen alt sein dürfen. Hat man sich die Hennen gemerkt, deren Dotter mehr blaßgelb als rothgelb aussehen, so sammle man zum Ausbrüten von diesen Eiern, und beachte auch bei der Auswahl derselben, ob man junge Hähne oder Hühner, oder beide Arten zugleich ausbrüten lassen will; denn die Eier, deren Ovalenden beinahe die gleiche Rundung haben, die kürzer sind und sich mehr der kugelrunden Form nähern, enthalten Hühnerbrut, während die länglicheren Eier, deren eines Ende spitzig, das andere breitrund ist, Hahnenbrut zu Tage fördern.
Sitzt eine Henne auf der Brut, so trage man Sorge, daß sie die zum Ausbrüten erforderlichen 20 bis 21 Tage ungestört sitzen bleibe, und stelle ihr täglich frisches Wasser und gutes Futter in die Nähe des Nestes; aber immerhin in einer Entfernung, daß sie dasselbe nicht vom Neste aus erreichen kann, damit dieß nicht beschmutzt wird, weil die Feuchtigkeit einen äußerst nachtheiligen Einfluß auf das im Ei sich ausbildende Küchlein üben würde.
Nach Verlauf der ersten acht Tage läßt sich schon bestimmen, welche Eier fruchtbar sind, indem man dieselben im Dunkeln vor ein Licht hält. Die Hellen taugen nichts, die dunkeln aber sind befruchtet. Damit nun diese letzteren näher zusammenkommen und an Wärme gewinnen, wirft man die untauglichen weg, denn sie sind auch nicht genießbar.
Schenkt man zu Ende der Brutzeit dem Ausbildungsprozesse einige Aufmerksamkeit, so kann manches Küchlein, das ohne Beihülfe zu Grunde ginge beim Leben erhalten werden, indem man die von der Natur gebildete Oeffnung der Eier behutsam bis zur Hälfte derselben erweitert, (wo dann die Beseitigung der andern Hälfte der Henne und dem Küchlein ein Leichtes ist), und alle leeren Eierschalen aus dem Neste räumt, damit sie nicht ein anderes Ei überkleiden und das Junge am Ausschlüpfen verhindern.
Sind endlich die Küchlein alle dem Ei entronnen, so gibt man ihnen aus flachen Tellern zur Nahrung klein geriebenes Brod, hartgesottene und feinverwiegte Eier mit Schnittlauch, gequetschte Hirsen oder den Käse von geronnener Milch, was man ihnen auch auf den Rücken streuen kann, wo sie es einander abpicken; dazu stellt man ihnen einen Teller mit Wasser hin, der jedoch so beschwert werden muß, daß er nicht umgeworfen werden kann. Die Gluckhenne erhält ihr gewöhnliches Futter, je besser aber dieses ist, desto eher legt sie wieder. In den ersten paar Wochen hütet sie die Jungen mit außerordentlicher Sorgfalt, dann wird sie allmählig gleichgültiger gegen dieselben und verläßt sie in der vierten oder fünften Woche ganz.
Um das übrige Geflügel von dem für die Küchlein bestimmten Futter abzuhalten, kann man sich eines Korbes ohne Boden bedienen, der jedoch ziemlich hoch sein, unten etwa 3 Fuß im Durchmesser haben, nach oben sich zuspitzen muß und dessen Weiden unten so weit auseinander stehen, daß die Küchlein bequem hinein- und hinausschlüpfen können.
Die beste Brutzeit ist im Frühjahr und Sommer; im September und noch später ist es nicht rathsam, da die Jungen vor Eintritt des Winters nicht mehr erstarken und entweder schwächlich bleiben oder gar zu Grunde gehen. Aus eben diesem Grunde werden zur Nachzucht nur Hähne von einer Frühsommerbrut, und zwar die schönsten, ausgewählt. Die übrigen Hähne werden mit gutem Futter, als Hafer, Gerste, in Milch gesottener Hirse, in Milch geweichtem Brode gemästet und in der sechsten oder achten Woche verspeist. Will man Kapaunen daraus ziehen, so werden sie zwischen der achten und zehnten Woche castrirt, welche Operation jedoch nur durch’s Zusehen erlernt werden kann, denn es wäre unmöglich, hier die besonderen Kunstgriffe dabei gehörig auseinander zu setzen. Nur das muß ich bemerken, daß das Wegschneiden des Kammes, der Glöckchen und des Sporns, welches Viele für nothwendig halten, eine durchaus unnöthige und deßhalb grausame Verstümmelung ist.
Da indessen die Kapaunen ein Leckerbissen sind, der in Gasthöfen gesucht oder bei Familienfesten gerne aufgestellt wird, so will ich dir hier das Wesentlichste über die Behandlung derselben mittheilen.
Den Tag vor der Operation gibt man dem jungen Hahn kaum die Hälfte des gewöhnlichen Futters. Ist diese vorbei, so werden die Thierchen in einen leeren, geräumigen Stall gebracht, wo sie sich nicht verkriechen können und von dem andern Geflügel getrennt sind. Während der ersten acht Tage darf ihre Nahrung blos aus etwas klein gehacktem Salat und mit angebrühter Kleie vermengtem Kohl bestehen, da eine bessere Fütterung gefährlich wäre. Dagegen gebe man ihnen hinreichend frisches, reines Wasser.
Einige Tage nach der Operation muß nach der Wunde gesehen, der etwa daran befindliche Schmutz sorgfältig beseitigt und diese selbst mit lauwarmem Wasser, in das etwas Branntwein gegossen wird, gewaschen werden. Nach Verlauf von acht Tagen kann die Wunde geheilt sein und der Faden ausgezogen werden; dann fängt man an, sie gut zu füttern. Will man sie nicht stopfen, so gibt man ihnen täglich dreimal in Milch eingeweichtes Brod; in Zeit von 3 bis 4 Wochen können sie fett davon sein. Will man sie stopfen, so nimmt man entweder angebrühtes Welschkorn dazu, oder es wird von angebrühtem Mehl ein fester Teig geknetet und fingersdicke und halbfingerslange Nudeln daraus gemacht, womit die Kapaunen täglich zwei- bis dreimal gestopft werden. So oft man sie jedoch stopfen will, muß man vorher untersuchen, ob sie verdaut haben, was am Kropfe leicht zu spüren ist. Wäre dieß nicht der Fall, so muß das Stopfen einmal ausgesetzt werden. Gewöhnlich sind sie in 16 bis 18 Tagen fett.
Aus der Farbe des Kamms läßt sich auf die Gesundheit des Huhns schließen; in gesundem Zustande ist dieser schön roth und frisch; sobald er aber bleich, gelblich, schmutziggrau oder welk ist, so leidet es an irgend einer Krankheit. Auch zur Mauserzeit, die im Spätjahr eintritt und bei genügendem Futter drei Wochen, bei schlechter Nahrung aber länger anhält, kommt dieser Fall vor. Dabei sehen sie struppig aus, weil die alten Federn von frisch sprossenden verdrängt werden, und gehen bei unfreundlicher Witterung wenig aus dem Stalle.
Außerdem sind die Hühner noch verschiedenen Krankheiten unterworfen, die jedoch bei einiger Aufmerksamkeit zu heilen sind.
Legen sie unbeschalte Eier, was bei fetten, wohlgenährten Hühnern hie und da vorkommt, so streue man Asche in das Wasser und alten, zerstampften Mauerkalk um die Futterstelle. Sand- und Kehrichthaufen, in denen sie pfludern und nisten können, sind zur Schalenbildung ihrer Eier äußerst dienlich.
Die gewöhnlichste Krankheit ist aber der Pips (Pfipfis), an der sie sterben, wenn ihnen nicht bei Zeiten geholfen wird. Man kann ihr zwar vorbeugen, wenn man den Hühnern den Sommer über oft kühlendes Futter, wie Salat, Kohl und dergleichen gibt, und ihnen zuweilen Feldkümmel oder etwas Hammerschlag in das Trinkwasser mischt. Hat sich jedoch die Krankheit eingestellt, deren Hauptkennzeichen ein Aussperren des Schnabels ist, als ob sie nicht athmen könnten, während sie hie und da traurig piepen, sich einsam setzen, nicht gerne aufstehen und nicht fressen, so schüttet man dem kranken Huhne einigemal Essig und Wasser ein. Zeigt sich aber schon ein weißes, hornartiges Häutchen an der Zungenspitze, so muß dasselbe mit einem Federmesser oder einem feinen Scheerchen sorgfältig abgelöst werden, indem man das Huhn fest auf dem Schooße hält und seinen Kopf mit der linken Hand so faßt, daß der Schnabel mit dem Daumen und Zeigefinger geöffnet und die Zunge auf einer Seite herausgezogen werden kann. Nach beendigter Operation wird die Zungenspitze mit Baumöl, frischem Milchrahm oder ungesalzener Butter bestrichen. Viele stecken den mit dieser Krankheit behafteten Hühnern ein Federchen durch die Nasen- und Schnabelöffnung und ziehen dasselbe öfters hin und her, damit sie wieder Luft bekommen, denn der Pips entsteht durch eine innnerliche Hitze und ist eigentlich eine Verstopfung der Nasenlöcher und der Drüsen in der Schleimhaut und Zunge, die gemeiniglich von schnellem Witterungswechsel, Mangel an frischem Wasser oder dem zu häufigen Genusse von frischem Getreide herrührt. Nach Ablösung des verderblichen Häutchens wird dem Huhn ein Theelöffel voll Wein eingeflößt, dann wird es in den Hühnerstall eingesperrt und einige Tage lang nur mit genetzter Kleie und klein geschnittenem Salat oder Kohl gefüttert. Zum Trinken setzt man ihm Löschwasser aus der Schmiede oder gewöhnliches frisches Wasser vor, in welchem ein glühendes Eisen abgekühlt wurde.
Beim Durchfall, der durch Uebernachten im Freien oder den zu häufigen Genuß von Würmern herrührt, sperrt man das Huhn in den Stall, füttert es mit gekochter Gerste oder Erbsen, entzieht ihm alles grüne Futter und stellt ihm Löschwasser zum Trinken hin. Bei erhöhtem Grade dieser Krankheit flößt man ihm täglich zweimal, Morgens und Abends, einen Theelöffel voll starken, mit wo möglich rothem Wein vermischten Kamillenthee ein.
Bei der Darre oder Darrsucht entsteht am Hintertheile ein Geschwür, das mit der Scheere oder einem Federmesser ausgeschnitten und mit Essig und Wasser ausgewaschen werden muß. Dann befeuchtet man die Stelle zweimal des Tags mit Baumöl, von dem man dem Thiere jedesmal auch einen Theelöffel voll eingießt. Zur Nahrung gibt man klein geschnittenes Grünfutter, mit Kleie vermischt, und frisches Wasser.
Bei der Windsucht, einer Luftanhäufung unter der Haut im Zellengewebe, wobei die Hühner oft so aufgeblasen werden, daß sie kaum stehen können, wird in die Haut eine Oeffnung gemacht, um die Lust ausströmen zu lassen, und mittelst einer Stopfnadel ein schmales Bändchen einen Zoll lang unter der Haut durchgezogen, das erst nach vier Tagen beseitigt werden darf. Dabei läßt man das Huhn wenigstens einen halben Tag hungern, setzt ihm aber hinreichend Wasser vor.
Wenn beim Ueberfressen oder Kropfaufquellen einige dem Huhn eingegebene Theelöffel voll Baumöl nicht helfen, so schlachte man es sogleich; ebenso wenn sich ein Vorfall des Legedarms zeigt, da dieses letztere Uebel, wenn auch einmal geholfen wird, gemeiniglich bald wiederkehrt.
Den Beinbruch darf man weder einwickeln noch verbinden. Wird das Huhn in eine Kammer gesperrt, wo keine Stange zum Aufsitzen ist, so heilen die Ruhe und die Natur es meistentheils von selbst. Dabei stelle man ihm gutes Futter und frisches Wasser vor.
Zeigt sich Krampf in den Beinen, der von feuchten, kalten und unreinlichen Ställen entsteht, so halte man die Hühner trocken und reibe ihnen die Beine öfter mit Butter ein.
Bei der Hühnerseuche, an welcher die Hühner schnell und in Menge sterben, kocht man 1 Handvoll Asche von Eschenrinde in ein Quart Wasser und gibt dieses Wasser den Hühnern zu trinken. Bei Krankheiten die sich nicht erkennen lassen, gebe man ihnen täglich einigemal 1—2 Theelöffel voll Olivenöl.
Bei der Epilepsie beschneidet man den Hühnern die Nägel, benetzt sie mit Wein und gibt den Kranken 7—8 Tage lang gekochte Gerste und dann gehackte Kohl- und Salatblätter mit Weizen.
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Das Welschhuhn (Truthuhn) ist eigentlich ein Luxusarttikel in einem Hühnerhofe und gewährt bei Weitem nicht den Nutzen, wie das andere Geflügel. Man zieht es nur seines Fleisches wegen, das ein Leckerbissen ist, denn das Huhn legt jährlich blos 20 bis 30 Eier und zudem ist die Fütterung dieser Geflügelart ziemlich kostspielig.
Die Welschhühner binden sich an kein Nest, sondern legen bald da bald dorthin, so daß man die Eier oft mit Mühe aus langem Gras, Stroh, Hecken und Gebüschen hervorsuchen muß.
Zeigt die Henne Neigung zum Brüten, so werden ihr etwa 15 Eier unterlegt, die man ebenfalls wie die gewöhnlichen Hühnereier auswählt, um von dem einen oder dem andern Geschlechte die gewünschte Nachzucht zu erhalten, da die schon erwähnte Regel, daß längliche und an dem einen Ende spitzige Eier Hahnen- brut, kürzere und an beiden Enden beinahe gleichrunde Eier Hühnerbrut enthalten, bei allen Vogelarten maßgebend sein darf.
Die Brutzeit dauert 28 bis 30 Tage und muß durchaus so eingerichtet werden, daß die Jungen beim Ausschlüpfen warme Witterung antreffen und grünes Futter für sie vorhanden ist. Damit so wenig als möglich Wärme für die Eier verloren gehe, thut man gut, wenn man die Bruthenne, die ihr Nest ungern verläßt, zweimal täglich zur Fütterung heraushebt und dann wieder sorgfältig setzt, ihr aber, sobald sich einmal ein Junges zeigt, das Futter vorhält, damit die Brut ohne die geringste Unterbrechung der Nestwärme vollendet wird.
Die Nahrung der Jungen soll während der ersten sechs Tage aus hartgesottenen und feingehackten Eiern bestehen, die mit ebenfalls kleingehackten, jungen Brennesseln und Schnittlauch vermischt werden. Saure Milch und überhaupt säuerliche Speisen sind ihnen schädlich, dagegen empfehlen Freunde der Welsch-Hühnerzucht, sie wöchentlich einmal ein Pfefferkorn verschlucken und nachher frische Milch trinken zu lassen.
Vom sechsten bis zehnten Tage mischt man unter die oben bezeichnete Nahrung weichgekochte und zu einem Mus zerdrückte Erbsen. Nach Verfluß dieser Zeit läßt man die Eier weg und füttert mit Erbsenbrei, eingeweichtem Brod, Grütze und Hirse, jedesmal mit gehacktem Schnittlauch oder Nesseln vermischt.
Sobald sie im Stande sind, sich im Freien ihr Futter zu suchen, läßt man sie mit dem andern Geflügel laufen und füttert sie wie die Alten, die sich wie die gewöhnlichen Hühner nähren, auch zerdrücktes Obst, halbreifes und wurmiges, Malzträber, gebrühte Spreu, Rüben und dergleichen fressen, besonders aber Insekten, Heuschrecken, Laubfrösche u.s.w. lieben, daher man sie gleich nach der Heuernte mit Vortheil auf den Wiesen laufen läßt; doch bedürfen sie dabei eines Hüters. Sehr vortheilhaft ist es, wenn man Fenchel, wilde Cichorie und Tausendblatt unter das Futter der Welschhühner mischt, dagegen ist ihnen zu viel Lattich schädlich und Wicken, Schierling und Bilsenkraut Gift, wie auch den gemeinen Hühnern.
Um sie zu mästen, sperrt man sie in eigene Behälter nach Art der Gänseställe und reicht ihnen eine nahrhaftere Kost, bestehend aus Mehl oder geschrotener Frucht, die angebrüht, ihnen jedoch erst kalt vorgesetzt wird; oder man gibt ihnen dreimal täglich je 15 bis 18 Kugeln, die aus einem Teige gemacht werden, der aus 12 Loth Hirsen- oder Gerstenmehl und 1 Loth Butter bereitet und mit süßer Milch geknetet wird. Fressen sie die Kugeln nicht selbst, so stopft man sie damit, indem man jede zuvor in frischgemolkene Milch taucht. Die Kugeln werden stets nur auf einen Tag, nie im Vorrath bereitet. Zum Trunke setzt man ihnen frischgemolkene Milch vor. Bei dieser Art Mästung werden sie in 24 Tagen vollkommen fett. Man lasse jedoch diese Thiere nie über drei Jahre alt werden, wenn das Fleisch zart bleiben und die Mästung gelingen soll.
Was ich schon bei den gewöhnlichen Hühnern in Bezug auf den Stall und die Reinlichhaltung desselben gesagt habe, gilt auch hier, wie überhaupt bei allem Geflügel. Ebenso sind die Krankheiten dieser Hühnerart dieselben, wie die den gemeinen Hühner, und erfordern dieselbe Behandlung und dieselben Heilmittel.
Bei Krankheiten die sich nicht erkennen lassen, gebe man ihnen große lebendige Spinnen zu fressen. Um ihr Auftreten und ihren Gang kräftiger zu machen, wird empfohlen, die Füße der Jungen zuweilen in Branntwein zu baden.
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Eine andere Hühnerart, die hie und da blos der Zierde wegen in Hühner-Höfen gehalten wird — denn von einem Nutzen kann keine Rede sein — ist das Perlhuhn, das seinen Namen von den Perlen oder weißen, runden Flecken hat, die auf dem schwarzen Gefieder hübsche äußerst regelmäßig gezeichnete Streifen bilden. Die Henne legt im März und April 28 bis 30 Eier und zwar, wie das Welschhuhn, ohne sich an ein bestimmtes Nest zu halten, in Sand, Erde, Gras u.s.f. Am sichersten ist das Nest zu finden, wenn man den Hahn etwas im Auge behält, der, während die Henne ihr Ei legt, Wache steht.
Seines unruhigen Charakters wegen taugt das Perlhuhn zum Brüten nicht, daher man seine Eier einem Haus- oder Welschhuhn unterlegt, was jedoch schon im Frühsommer geschehen muß, damit die gegen die Kälte sehr empfindlichen Jungen vor Eintritt der rauheren Witterung noch gehörig erstarken können.
Die Eier und das Fleisch des Perlhuhns sind sehr schmackhaft; das Thierchen selbst ist jedoch gewaltthätig und lebt mit anderem Geflügel, besonders bei gemeinschaftlicher Fütterung, in beständigem Unfrieden. Da sie gern über Nacht in der Höhe und auf Bäumen bleiben, so muß man sich bemühen, sie von Jugend auf an pünktliches Uebernachten im Stalle zu gewöhnen, damit sie nicht die Beute vierfüßiger Geflügelliebhaber werden.
In Bezug auf ihre Nahrung, Behandlung, Wohnung und Krankheiten halte man sich an die beim gewöhnlichen Haushuhn gegebenen Vorschriften.