Heute kann ich Euch wieder einen Teil des Lehrbuchs „Die kleine Wirthschafterin“ vorstellen, welches Pastor Ziehnert 1821 bereits in 2. Auflage veröffentlichte. Heute berichtet er, wie seine Frau die gemeinsame Tochter „Lydia“ darüber informiert, welchen Wert eine ordentliche, reinliche Küche darstellt, was zu beachten und zu planen ist und welche Arbeiten in dieser auszuführen sind.
Unbezahlbar für uns ist, dass wir hier einen wirklich feinen Einblick in den Haushalt einer bürgerlichen Mittelklassefamilie bekommen und uns mit etwas Phantasie ein wenig vorstellen können, wie das Leben dazumal abgelaufen sein könnte.
Um so mehr können wir schätzen, dass wir heute hier leben dürfen.
So angenehm fürs Leben ein freundliches Wohnzimmer und eine gesunde Schlafstube ist, so bedarf der Mensch außer der Wohnung doch auch noch viele andere unentbehrliche Dinge, unter denen Nahrung oder Essen und Trinken die bedeutendsten sind. Mit diesen dich nun bekannt zu machen, meine Tochter, sprach die freundliche Mutter, werde ich dir für deine Wirthschaftlichkeit einen neuen Platz im Hause anweisen, wo du aber länger als an den vorhergehenden verweilen mußt, denn er bietet mannichfaltigere und künstlichere Geschäfte als jene, und dieser Ort ist die Küche.
Die Wirthschaft in der Küche ist sehr wichtig, denn aus ihr geht eigentlich das Leben, die Gesundheit und das Wohlbefinden hervor. Hier wird Stärkung für den Körper oder Gift gekocht; hier ist entweder Gesundheit oder Tod in den Töpfen. Hier wird die Abnahme oder das Wachsthum der irdischen Güter bestimmt; hier kann eine einzige Unvorsichtigkeit, eine kleine Verwechselung oder Unachtsamkeit ganzen Familien das Leben kosten.
Und auf die tausend Fragen: Wo hast du deine Gesundheit, deine muntre Gesichtsfarbe, dein heitres Wesen, deine Güter, selbst deinen ehrlichen Namen verloren? Kann man oft mit dem einzigen Worte antworten: In der Küche. Denn die Säufer und Schlemmer verarmen, und denen der Bauch ihr Gott ist, die werden zu Schanden.
So groß aber die Uebel sind, die bei einer verkehrten Wirthschaft aus der Küche hervorgehen, eben so groß und wohl noch bedeutender ist der Nutzen, der von hier aus verbreitet werden kann. Da nun Nutzen und Segen zu verbreiten ein hoher Beruf des Menschen auf Erden ist, so wirst du dir, liebe Lyna, gewiß alle Mühe geben, um deinerseits nach Kräften diese Bestimmung zu erfüllen.
Zuerst will ich dich mit der Küche, als einem Platze im Hause bekannt machen. Geh, binde die blaue Schürze vor, die von nun an deine Küchenschürze ist. Sie ist immer nöthig, weil man dem Feuer das Rauchen, den Kohlen das Schwärzen, der Asche das Stieben, dem Wasser das Nässen, den Funken das Springen nicht wehren kann, und es also auch in der reinlichsten Küche doch einigen Schmuz giebt.
Lyna, die schon oft gehört hatte, daß es für Mädchen ein bedeutendes Lob sey, für eine gute Köchin gehalten zu werden, band schnell die Küchenschürze um, die ihr jetzt schöner als ein neues Sonntagskleid vorkam, und folgte der Mutter an den Ort ihres neuen Unterrichts.
Die Lage der Küche, begann nun die Mutter, hängt freilich nicht von uns, sondern von den Einsichten der Erbauer eines Hauses ab. Die unsrige ist glücklicherweise ganz vortrefflich. Sie hat ringsum gute Mauern, glatten steinernen Fußboden und eine feuerfeste Wölbung. Dies alles ist nothwendig, damit nicht Feuersgefahr entstehe.
Dann gehört zu einer guten und angenehmen auch hinreichendes Tageslicht, weil bei dem unaufhörlichen Lampenscheine, der in einer finstern Küche auch den ganzen Tag hindurch nothwendig wird, die Augen leiden und alle Geschäfte nicht mit der Sorgfalt und Ordnung, wie bei hellem Tageslichte, besorgt werden können.
Ein drittes sehr großes Erforderniß ist für die Küche ein Rauchfang und eine Oesse die guten Zug haben, d. h. die den Rauch schnell fortführen. Wo dieser aber zurückgedrückt wird und in der Küche bleibt, wird es unausstehlich. Das Ziehen der Oessen hängt wieder, wie die ganze Anlage der Küche, nicht von uns, sondern von der Klugheit und Kenntniß des Baumeisters ab. Wir können aber zuweilen doch dem Mangel an nöthigen Zuge
durch das Oeffnen eines Fensters oder einer Thüre etwas zu Hülfe kommen. In der Oesse müssen in mäßiger Erhöhung zwei starke eiserne Stäbe angebracht seyn, Um darauf an hölzernen Spießen Fleisch, Schinken und Wurst zu räuchern. Noch besser aber als diese ist eine an der Oesse befindliche Räucherkammer, in welcher alles langsamer, aber geschmackvoller räuchert.
Auch kann es einer Hauswirthin nicht gleichgültig seyn, wenn in der obern Oesse ein eiserner Schieber befindlich ist, mit dem ein entstandner Oessenbrand sogleich gedämpft, erstickt und unschädlich gemacht werden kann.
Eine Decke auf der äußern Oesse des Hauses ist uns auch wünschenswerth, weil wir sonst bei Regen- und Schloßenwettern selbst vor dem Heerde nicht sicher sind.
Dann kommt der Heerd mit seinen Kochlöchern, Bratröhren und Kochmaschinen. Wo die letztern gut eingerichtet sind, bedarf man gewöhnlich der erstern nicht.
Auch ihre Einrichtung ist Sache des Erbauers. Wir haben nur, wie bei der Oesse, dafür zu sorgen, daß sich der Ruß nicht anhäufe. Von dieser Sorge erlösen uns, wie du schon an dem Ofen unsrer Wohnstube gesehen hast, Maurer, und in den Oessen die Schornsteinfeger.
Ist, wie bei uns, in der Kochmaschine noch eine kupferne Wasserblase angebracht, so ist das für die Köchin sehr bequem, weil warmes oder heißes Wasser fast jeden Augenblick gebraucht wird.
Schon an dem Ansehn des Heerdes und Fußbodens der Küche erkennt man den Geist derer, die darin wirthschaften. Beides muß immer durch Scheuern und Abreiben reinlich gehalten werden.
Lyna freuete sich ungemein über die Belehrungen der Mutter, denn sie war zwar schon oft in der Küche gewesen, hatte aber diese Dinge nie beachtet, noch weniger darüber nachgedacht. Sie bat daher ihre Mutter, die jetzt in dieWohnstube gerufen worden war, folgenden Tages angelegentlich um Fortsetzung ihres Küchenunterrichts.
Gestern habe ich dich, liebe Tochter, mit den feuerfesten Theilen der Küche bekannt gemacht, deren Entstehung und Pflege weniger von uns abhängt. Heute will ich dich nur auf das aufmerksam machen, woran du zuerst deine Wirthschaftlichkeit beweisen und üben kannst. Es giebt nämlich in einer vollständig eingerichteten Küche ungemein viel Geräthe aus mancherlei Stoffen; hölzerne, blecherne, zinnene, eiserne, kupferne, töpferne, messingene, porzellanene und andere. Alle diese Dinge vortheilhaft anzukaufen und in gutem Stande zu erhalten, ist ein sehr bedeutendes Geschäft für eine gute Wirthin und Köchin.
Das hölzerne Küchengeräthe sey das Erste, weil es wieder zur Aufstellung und Bewahrung der übrigen dient. Darunter zeichnet sich nun der Küchenschrank mit dem sogenannten Topfbrete aus. Beide sind mit einer dunkeln Farbe, die für die Küche paßt, angestrichen.
Nur das Tischblatt nicht, weil man auf dieses Zugemüse und tausend andere Speisen legt, welche die Farben auflösen, mit sich vereinigen und dann den Wohlgeschmack verderben oder gar schaden können.
Daher wirst du darauf halten, daß es immer höchst reinlich sey, denn an seiner Farbe erkennt man den Geist der Köchin und der Wirthin.
Auf das Topfbret werden, wie du hier siehst, eine bedeutende Menge Schüsseln, Tellern, Töpfe und viele andere Dinge gestellt. Sorge daher nur, daß seine Vorleisten und Nägel fest sind, damit kein Schreck und Schaden geschehe. Am allerwenigsten halte dich daran, um etwas von der Höhe herabzulangen, sondern nimm dazu lieber den Küchenschemmel.
Nächst dem Schranke ist der Wasserständer ein unentbehrliches Küchengeräth, weil in demselben immer ein Vorrath von Wasser aufbehalten werden kann, der in der Küche nothwendig ist. Er ist oft mit Pech ausgelassen, damit das Wasser, wenn es einige Zeit darin stehen bleibt, nicht nach dem Holze schmecke, verlangt aber nichts destoweniger die größte Reinlichkeit und muß sehr fleißig ausgescheuert werden.
Dann siehst du hier noch mehrere Fässer und Kannen, die theils zum Herbeiholen, theils zum Aufbewahren des Wassers und anderer flüssiger Dinge, endlich auch zur Reinigung gebraucht werden. Alle diese Gefäße mußt du als ein wirthschaftliches Mädchen in großer Reinlichkeit erhalten, denn wie sie von außen sehn, so sind sie auch inwendig. Aber auch schon bei ihrer Anschaffung kannst du Wirthlichkeit beweisen, wenn du darauf siehst, daß der Böttcher dazu gutes, trocknes Holz und weidne Reifen nehme, denn diese halten sich glätter und reiner, als andere.
Von allen hölzernen Geräthen der Küche giebt es nun noch zwei, die gewöhnlich in die Winkel geschoben und weder gescheuert noch geputzt werden. Welche sind das, meine Tochter? fragte lächelnd die Mutter.
Lyna sah sich um und rief nach einigen Augenblicken schäkernd: das ist wol der Hackstock und der Besen.
Recht, meine Liebe, Hackstock und Besen sind gleichsam verächtliche, und doch sehr nützliche Dinge; der Hackstock, um darauf das Holz zu spalten, und der Besen zum Kehren, weshalb er auch selbst dann und wann im Wasser abgespült werden muß.
Nun habe ich dir wol alles Holzgeräthe gezeigt und dich mit seinem Gebrauche bekannt gemacht? fragte die Mutter, sich in der Küche umschauend. Noch nicht, und ich habe grade das feinste vergessen. Siehst du, dort am Topfbrete stecken die Quirle und Rührlöffel, hängen das Brühsieb, der Borstwisch und die Gurkenhobel; an der Seite lehnt das Wiegebret, und bei den Schüsseln liegt das Nudel- oder Kuchenholz.
Das alles sind Geräthe, die, weil sie zum Theil mit den Speisen in unmittelbare genaue Berührung kommen, die sorgfältigste Reinhaltung verlangen, die ich dir, weil sie klein und leicht zu handhaben sind, ganz besonders auftrage. Auch darfst du, um deiner eignen Hände willen, nicht vergessen, die hölzernen Hefte an dem Wiegemesser, Borstwisch und der Ofengabel nach jedem Gebrauche zu reinigen.
Lyna versprach ihr Möglichstes zu thun, und wollte nun mit der Mutter die Küche verlassen. Mutter, liebe Mutter, noch eins! rief sie plötzlich, wozu ist denn der große Reifen, der dort auf der Erde um die Wasserkannen liegt?
Laß dir das Marien zeigen, antwortete die Mutter, so bedarfs keiner Erklärung. Da nahm Marie den Reifen über den Kopf in die Mitte des Leibes, die Wasserkannen in die Hände, und legte diese außen an den Reifen. Wozu nutzt ihr aber der Reifen? fragte Lyna weiter. Es trägt sich gleicher und daher viel leichter. In manchen Ländern legt man auch zu diesem Zwecke ein langes Holz mit der Mitte auf den Nacken oder über die Schultern; an jedem Ende desselben hängt ein Strick, und an diese sind eiserne Häkchen befestigt, worin man die Wasserkannen trägt.
Indem Lyna mit Marien sprach, ging die Mutter vor den Heerd und legte einige Stückchen Holz unter den kleinen Wasserkessel. Weißt du denn, wandte sie sich schnell zu ihrer Tochter, daß wir unter allen hölzernen Gegenständen der Küche an den allerwichtigsten nicht gedacht haben, ohne den alle übrige fast so gut als nutzlos sind. Er liegt aber freilich etwas verborgen; such‘ ihn einmal.
Da Lyna ihn nicht entdeckte, hieß ihr die Mutter ein Stückchen Holz ans Feuer legen. Lyna that es, und es ging ihr wie der Mutter, sie dachte ans Brennholz.
Das ist eine Hauptsorge für die wirthschaftliche Köchin.
Die Haupteigenschaft desselben muß Trockenheit seyn, denn nasses Holz raucht, verdirbt die Speisen, kostet Zeit und es macht die Köchin verdrüßlich, wenn sie immer den Blasebalg brauchen soll. Auch liebt man in der Küche feiner gespaltnes Holz, als in den Oefen, weil es eine schnellere, größere Hitze hervorbringt und daher das Kochen fördert. Hat man die Wahl der Holzart, so nimmt man lieber solches, das wenig raucht und Ruß macht.
Das fichtne brennt flüchtig, springt und prasselt aber entsetzlich, daher es den Köchinnen manches Loch in die Tücher und Schürzen brennt, wol auch den Händen ein Brandfleckchen zufügt, und also in der Küche eben in keinem großen Credit steht. Das kieferne springt weniger, raucht aber und rußt mehr als das vorige, besonders wenn es sehr kienig ist. Gewöhnlich spaltet man den Kien heraus und benutzt ihn, weil er wie Pech und Schwefel brennt, am liebsten zum Anmachen des Feuers. Die harten Hölzer, wie Birke, Buche, Erle, Eiche u. a. m. sind gut, nur geht es, besonders mit dem letzten, sehr langsam, und ist also kein Nutzen. Nimm aber, wenn dir deine eigne und der Deinigen Gesundheit und Leben lieb ist, nicht zum Kochen und Backen altes mit Farben, besonders Oelfarben bestrichnes Holz, denn die zum Theil giftigen Farbentheile lösen sich im Feuer auf und gehn in die Speisen über. Am besten ist Erle, denn diese giebt vorzüglich viel Kohlen, bei denen sich dann die feinsten Speisen leicht und delikat zubereiten lassen, und raucht sehr wenig. Kaufst du selbst Holz ein, so sieh nächst der Art des Holzes auch auf die Länge und Stärke der Scheite. Großscheitiges giebt mehr Holz, und ist also, wenn es anders nicht kernfaul ist, vortheilhafter.
Bei Hölzern aber, die bei ansehnlicher Stärke leicht einen morschen oder fauligen Kern bekommen, mußt du mehr auf die Frische, als auf die Stärke sehn. Hast du das Holz gut eingekauft, so sorge nun auch für gute Aufbewahrung, das heißt, für einen trocknen Holzstall, in den es nicht regnet und schneit, und doch auch das Holz nicht verstockt.
Besitzt man ein solches höchst nothwendiges Plätzchen, so ist ebenfalls für seine Reinlichkeit und Ordnung zu sorgen, daß nicht hartes und weiches, trocknes und grünes untereinander und breit herum liege. Jedes muß für sich stehen und auf dem Fußboden kein Abraum umher liegen, in dem
sich leicht Würmer und anderes garstiges Ungeziefer sammelt. Ist der Holzstall geräumig, so kann er auch zu kurzer Aufbewahrung hölzerner Gefäße gebraucht werden.
Am folgenden Tage war Lyna schon recht geschäftig in der Küche, spaltete Holz, wiegte Kräuter zur Suppe, wusch den Küchentisch ab und verrichtete andere Kleinigkeiten. Auch fragte sie Marien, die das Mittagsbrod bereitete, nach mancherlei Dingen, worüber sie auch freundliche und gnügende Auskunft erhielt.
Endlich kam aber auch die Mutter wieder in die Küche.
Guten Morgen, kleine Jungfer Köchin, sagte sie scherzhaft zu Lyna, wollen wir heute wieder unsern Umgang in der Küche halten?
Lyna bejahte es zuvorkommend und hing sich an die Hand der Mutter.
Nun so bemerke, begann diese wieder, daß es in der Küche außer den hölzernen Gefäßen, auch töpferne von gemeiner und edler Art, zinnene, blecherne, kupferne und messingne giebt, die ich hiermit alle deiner sorgsamen Pflege empfohlen haben will.
Beim Einkauf der töpfernen Waaren hast du darauf zu sehen, daß sie keine Löcherchen und Sprünge haben und gut glasirt sind. Um das Erste leicht zu ergründen, thust du wohl, an jedes Stück beim Einkaufe prüfend zu klopfen und zu hören, ob es einen hellen und reinklingenden Ton hat. Die Geräthe von Steingut, Fayence und Porzellain sind feiner und zarter, und verlangen daher auch eine behutsamere Behandlung. Bei ihrem Einkauf sieh vorzüglich auf Weiße und Glätte.
Unter den Zinngefäßen sind die besten, die den wenigsten Bleizusatz haben und daher nicht ins Bläuliche fallen.
Bei der Anschaffung der Blechwaaren kauft man lieber die von gutem sogenannten englischen glatten Bleche; denn das hält sich reiner, nimmt bei einer verständigen Behandlung im Scheuern einen silberähnlichen Glanz an und rostet nicht leicht. Bei Gegenständen von schwarzem Bleche, wie das Kohlfeuer, das Kasserol, die Kohlenschaufel, die Kaffeetrommel, sieht man, weil sie großentheils dem Feuer ausgesetzt werden, auf Stärke und Festigkeit, damit sie nicht leicht durchbrennen.
Aber nicht allein der Einkauf und die Anschaffung giebt einem wirthschaftlichen Mädchen Gelegenheit, ihre Klugheit zu zeigen, sondern auch der Gebrauch und die Reinigung.
Alles nun, was du in der Küche hast kennen lernen, braucht man zum Kochen, d. h. zur Zubereitung der Speisen, und das ist, wie ich dir bei der Einführung in die Küche sagte, eine Kunst, die großen Einfluß auf unser Leben und Wohlbefinden hat. Man theilt sie in die gemeine und höhere Kochkunst. Die gemeine brauchen wir zu unsern täglichen Bedürfnissen, und liefert, wie man sprüchwörtlich sagt, Hausmannskost. Der höhern und feineren bedarf es bei Gastmählern und Schmausereien. Wenn ein Mädchen deines Alters fürs Erste nur mit der gemeinen Kochkunst bekannt ist, kann man schon zufrieden seyn. Das feinere wird sich dann nach und nach selbst finden.
Da es unmöglich ist, fuhr die Mutter nach einer kleinen Pause fort, dir hinter einander die Zubereitung aller gangbaren Gerichte bekannt zu machen, du auch vieles was ich dir darüber zu sagen hatte, vergessen würdest; so will ich dir jetzt nur die Grundlinien der Kochkunst bekannt machen, nach denen du, ein verständliches Kochbuch*) in der Hand, es dann leicht selbst zu einem Grade von Vollkommenheit bringen kannst.
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*) Zu diesem Zwecke kann ich dann jeder Mutter für ihre
„wirthschaftliche Tochter das: einfache Kochbuch für bürgerliche
„Haushaltungen, oder die deutliche Anweisung, wie man
„ohne alle Vorkenntnisse die Speisen auf die wohlfeilste und
„schmackhafteste Art zubereiten kann, nebst einem Anhange,
„in dem die Vorsichtsregeln beim Einkaufe der Producte für
„die Küche gegeben werden, und mit einer Anweisung zum
„Trenschiren.“ So wie später: „die feinere Kochkunst, oder
„faßliche und vollständige Anweisung zur Bereitung des fei-
„nen, in gewöhnlichen Kochöfen gebacknen Backwerks, vie-
„lerlei warmer und kalter Getränke, Geleen, allerlei Ge-
„frornen, der vorzüglichsten Puddings und anderer feiner
„Köchereien,“ die auch bei dem Verleger dieses Werkchens
erschienen sind, mit vollem Recht empfehlen.
Der Verfasser.
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Das Vorrichten oder Zuputzen ist das Erste, worauf zu sehen ist, denn es ist die Einleitung, gleichsam die Anlage. Sieh, meine Tochter, eh‘ Marie eigentlich zu kochen, zu sieden, zu braten und zu backen anfängt, hat sie vorher schon viel zu thun, ja fast mehr, als bei der Kocherei selbst. Da muß Born- und Röhrwasser in gänzlicher Menge vorräthig seyn; Holz in größern und kleinern Scheiten auf und unter dem Heerde liegen; die Gemüse von Schmuz, fauligen Theilen, Ungeziefer gereinigt und zum Theil geschnitten seyn; das Fleisch schon Stunden-, oft Tagelang eingewässert und das Blut ausgewaschen werden. Das Federvieh und die Fische sind zu schlachten, zu rupfen, auszunehmen und einzuwässern, und der Bratofen wird erst durchheizt, eh‘ das Fleisch in die Röhre kommt.
Sind diese und mehrere Dinge vorbereitet, so beginnt das Kochen selbst. Manche Speisen werden nun wieder früher, manche später bereitet, denn einige müssen erst wieder erkalten, ehe sie auf den Tisch kommen, z. B. gebacknes Obst; einige dagegen, wenn sie schmackhaft seyn sollen, vom Feuer weg gegessen werden, wie Klöser, Eierkuchen, mehrere Fischarten u. a. m.
Manche Dinge müssen schnell kochen und verlangen ein helles flüchtiges Feuer, manche wieder sehr langsam bei schwachem Feuer oder Kohlen. Einige Gemüse und Fleischarten, z. B. von alten Thieren, brauchen mehrere Stunden starkes Feuer, eh‘ sie weich und genießbar werden; andere zuweilen nur mehrere Minuten. Einige Nahrungsmittel kann man ohne alle Störung kochen lassen, bei andern muß dagegen oft nachgesehn, gerührt, abgeschöpft und Wasser oder Brühe zugegossen werden. Einige vertragen das hellste Feuer, wie das Brennen des Caffees, andere verlangen das Gegentheil, wie das Kreischen des Speckes, das Schmoren in Butter, das Dünsten mancher Früchte. Manche Gerichte dürfen den Topf füllen, andere müssen aber noch viel Raum in demselben übrig lassen, weil sie im Kochen aufquellen, wie Gries, Grütze, Graupen, Hirse, Bohnen, Erbsen etc. Das Alles, liebe Tochter, mußt du nach und nach aus langer Erfahrung lernen.
Und es wird dir nicht schwer werden, wenn du dabei nur auf Ordnung und Pünktlichkeit, Vorsicht und Reinlichkeit hältst.
Ordnung und Pünktlichkeit ist in der Küche sehr nothwendig, denn wenn jedes Geschirr seinen rechten Ort und jede Arbeit ihre bestimmte Zeit hat, so gehn die Geschäfte gut von statten. Es wird nicht leicht etwas zerbrochen, nichts verdorben und verbrannt, es läuft keine Brühe, keine Milch ins Feuer. Wird nun damit die möglichste Vorsicht verbunden, so springt keine Kanne, brennt kein Topf an, stößt man kein Bein von dem Tiegel, wird nicht eine Speise zweimal oder gar nicht gesalzen.
Eine vorsichtige Köchin brennt und schneidet sich nicht leicht, begießt sich nicht mit kochendem Wasser und läßt sich von dem schlauen Hauskätzchen keine Wurst stehlen.
Sie sorgt aber auch dafür, daß von ihrem Anzüge keine Nadel in die Speisen falle und den unbesorgten Gästen Schmerz und Tod bereite, daher sie deren so wenig als möglich an sich hat.
Vereinigt sich mit diesen löblichen Eigenschaften die Reinlichkeit, so ist das Mädchen auf dem besten Wege, eine brave Köchin zu werden. Auf allen Geschirren, die sie braucht, muß nie ein Stäubchen liegen, und ihr Heerd und ihre Kochmaschine muß ohne Schmuz seyn. Ihr Küchenmesser, ihre Fleischgabel muß einem gedeckten Tische keine Schande machen. Ferner darf ihre Küchenschürze nicht einem Scheuerlappen gleichen, die Handtücher müssen oft gewechselt werden, und das zum Austrocknen der Tassen, Gläser, Löffel und anderer Speisegefäße bestimmte Tuch muß stets weiß seyn.
Zur Reinlichkeit einer guten Köchin gehört aber auch vorzüglich, daß sie ihre Haare gut zusammen und glatt halte, damit nicht leicht welche davon ins Essen kommen und Ekel erregen. Ich habe daher immer darauf gehalten, daß Marie und die vor ihr bei mir dienenden Mädchen während des Kochens eine Haube, wenigstens doch ein Tuch auf dem Kopfe hatten. Das merkte sich Lyna, die bis jetzt immer in bloßem Kopfe und mit Locken vor der Stirne in der Küche herumgewandelt war, und setzte, als sie nächsten Tages wieder mit der Mutter in die Küche gehen sollte, ein niedliches Häubchen auf.
Heute, sagte die Mutter zu Lyna, erscheinst du in einem ächten Köchinanzuge; so gefällst du mir, schade aber, daß ich dich nicht an den Heerd, sondern an das Scheuerfaß stellen muß; denn du mußt nun lernen, wie man die mancherlei Arten von Küchengeräthschaften auf eine zweckmäßige Weise reinigt. Da eben von unserm heutigen Mittagsmal eine Menge gebrauchtes Geschirre zum Aufwaschen da steht und überdieß heute zum Ende der Woche Scheuertag ist, so kannst du meine Anweisung gleich bei Marien in Ausübung sehn.
Das Erste, was nach dem Gebrauche sogleich wieder gereinigt, und auch ohne denselben dann und wann gescheuert werden muß, ist das Kupfer, und besonders die Kessel, in denen gekocht und gesotten worden ist. War die Speise mit Essig oder andern Säuern vermischt, so ist fast augenblickliche Reinigung nothwendig, weil sich sonst Grünspan ansetzt, und dieser ein starker Gift ist.
Aus dieser Ursache thut man am besten, die kupfernen Geschirre innen verzinnen, und dies, sobald sich das Zinn abgescheuert hat, wiederholen zu lassen. Ihm folgt das Silber, Zinn und Messing. Messing wird außer dem Mörser wenig gebraucht, setzt aber auch wie das Kupfer leicht Grünspan an; Silber und Zinn weniger, bekommt aber desto leichter schwarze Flecken, die schwer wieder zu vertilgen sind. Ueberdieß wird das Silber schnell gereinigt, damit es bald aus der Küche wieder entfernt wird, denn, da die Silbergeräthe großentheils klein sind, so geht manchmal ein Stück verloren, oder findet sonst einen ungerufenen Liebhaber. Diesem folgt das Blech- und Eisengeschirr, und das letzte ist Porzellan, Steinguth und gewöhnliches Topfgeschirr.
Das Scheuern und Aufwaschen kostet Kräfte, und die Lauge, welche dazu nöthig ist, beißt oft derb die Finger. Das kann aber alles nichts helfen sieh, Marie hat ihr Mittagsbrod verzehrt und geht nun munter ans Werk. Die silbernen Löffel wäscht sie blos mit einem Seifenläppchen ab, damit sie keine Ritze und Kritzel bekomme; das thut sie auch mit den Messern und Gabeln, und legt diese besonders nicht in das Scheuerfaß, damir die Klingen nicht locker und die Heftschalen nicht krumm gezogen werden. Nun trocknet sie dieselben genau ab, das nicht ein Tröpfchen Feuchtigkeit an ihnen bleibt, legt sie in das kleine Tischkörbchen und wird, wenn sie mit dem Aufwaschen fertig ist, sie noch putzen und blank machen.
Nun wirds aber mühsamer; denn es kommen die Fischkessel an die Reihe. Diese müssen von innen und außen derb mit Branntweinspülich und dann die zinnenen Schüsseln und Kannen mit Lauge abgerieben werden, daß sie wieder blinken, als ob sie neu waren. Bei dem Kupfer kann nach Kräften aufgedrückt werden, nicht aber so bei dem Zinne, welches, wenn es nicht sehr stark ist, nachgibt, ungleich oder bucklich wird, und nach einiger Zeit nicht selten an diesen Buckeln entzwei geht. Noch viel behutsamer muß dann mit den irdenen Gefäßen und Glasern umgegangen werden, besonders mit dem Porzellan, weil dieß kostbar ist.
Damit wird aber Marie, nahm hier Lyna das Wort, wol vor Abend nicht fertig?
Die Mutter belehrte sie, daß sie schon in einigen Stunden mit allem fertig seyn werde, ungeachtet sie außer dem Abwaschen der Gefäße, auch noch die Wein- und Bierflaschen auszuspülen und einzuwässern, die Küche auszukehren und den Heerd abzureiben habe.
Indem die Mutter noch sprach, kam auf einmal ein kohlschwarzer Junge in die Küche, und fragte, wenn sie kehren könnten? Die Mutter bestimmte die Zeit, und der kleine Teufel ging.
Lyna lachte, und meinte, wenn diese Art käme, wärs wol mit der Küchenreinlichkeit zu Ende, doch sey es gut, daß eine Köchin und Hauswirthin nichts dabei zu thun habe.
O ja, meinte die Mutter, du und Marie müßt hier um den Heerd und die Oesse her alle Geschirre abräumen, damit sie nicht voll Ruß werden, müßt die Asche aus dem Ofen, auf dem Heerde und aus der Kochmaschine sammeln, damit sie nicht durch den Ruß verdorben wird; müßt auf den Fußboden Sägespähne streuen, und wenn die Schornsteinfeger fertig sind, wieder reinigen und aufstellen.
Weil ich eben von der Asche sprach, will ich dich noch aufmerksam machen, daß auch daran sich die Wirthschaftlichkeit beweisen kann. Sie muß oft, wenigstens alle acht Tage gesammelt werden, denn dadurch hat man vielfachen Nutzen. In einem Ofen ohne Asche brennt das Feuer leichter und heller, es wird schneller warm und es kocht geschwinder in ihm. Man macht ferner die Gabeln und Feuerzangen nicht damit schmuzig und behält also reinere Hände, und auch zugleich reinere Speisen. Endlich giebt die Asche, oft gesammelt, noch den Gewinn, daß sie nicht im Feuer verbrennt und immer weniger wird, sondern daß man so manches Scheffelchen entweder selbst zu Lauge oder Lichten und Seife verbrauchen, oder auch sie
an die Seifensieder und Bleicher um einen hübschen Preis verkaufen kann. Bei der Sammlung muß aber eine gute Wirthin nicht leiden, dass Holzkohlen in derselben bleiben, weil man sonst die Asche verdirbt und um die Kohlen kommt; daher es gut ist, wenn man sie sieben läßt, welches am besten im Hofe geschieht. Auch darf man die Asche nie in hölzernen Behältnissen sammeln, oder wohl gar auf die Dielen des Bodens schütten, denn da oft noch glimmende Kohlen darunter sind, so ist dies schon manchmal die Ursache zu großen Feuerbrünsten gewesen.
Der Hof ist, weil wir eben davon sprechen, auch ein Theil des Hauses, der dem wirthschaftlichen Mädchen zu empfehlen ist, damit auf demselben nicht alles wild durch einander liege, Schmuz ihn entstelle und böse Gerüche in das Haus eindringen. Mit ihm steht oft noch ein anderer Ort in Verbindung, den man gewöhnlich nicht gern nennt, und doch eben so unentbehrlich als die Küche ist, nämlich die D ü n g e r g r u b e und die darein gehenden geheimen Gemächer. Die erstere muß verwahrt seyn, daß niemand hineinfalle, doch aber auch einen Luftzug haben, damit die Stickdämpfe nicht durch die Schlotten in die Wohnungen ziehn. Die geheimen Gemächer müssen sehr reinlich gehalten und daher oft gescheuert werden, denn es sind Orte, die oft auf Leben und Gesundheit einen so bedeutenden Einfluß als manche andere haben.
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