Home Beruf+Bildung 1821 – Lehren fůr Dienstmådchen

1821 – Lehren fůr Dienstmådchen

by de olde Grotmüdders

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„Lehren fůr Dienstmådchen“
aus dem Töchter-Spiegel
von

Bartholomäus Bacher aus Trostberg
…  .  …
Eine Wittwe hatte eine einzige Tochter, Marianne, die sie sehr liebte.
Doch konnte sie ihre Tochter nicht stets um sich behalten, denn sie war arm.
Als daher Marianne das achtzehnte Jahr erreicht hatte, bemůhte sich die Mutter um eine gute Herrschaft fůr diesselbe, und war so glůcklich, eine solche fůr ihre Tochter zu finden. Ehe aber diese ihren Dienst antrat, ertheilte ihr die Mutter noch folgende treffliche Ermahnungen:
Vergiß es nie, meine liebe Tochter! daß du schuldig bist, deiner Herrschaft mit Ehrerbiethung zu begegnen, und ihr in Allem, was erlaubt ist, zu gehorchen. Bedenke, das Fleiß und Arbeit eines jeden Menschen Pflicht ist, und schåme dich keiner Arbeit, die zu deinem Dienste gehört. Kehre dich nicht daran, wenn andere Dienstmådchen vielleicht etwas nicht thun, was dir bey deiner Herrschaft obliegt, und laß dich nicht von andern aufwiegeln.

Thu alles genau nach der Vorschrift, die dir gegeben ist, genau zu der Zeit, da deine Herrschaft es erwartet, und mit der größten Aufmerksamkeit; bringe auch nicht långere Zeit damit zu, als nöthig ist. Entferne zu dem Ende alles, was sich an der Arbeit hindern könnte; vermeide viele Bekanntschaft und zeitverderbende Geschwåtze.

Verrichte alles gerne, willig und mit möglichster Freundlichkeit, so wird man es dir doppelt danken. Denke darauf, deiner Herrschaft die nöthigen Dienste zu leisten, ehe sie noch dieselben fordert; suche ihren Wůnschen zuvorzukommen, so machst du viele Befehle entbehrlich.

Sey unbestechlich, treu und ehrlich. Geh mit dem, was dir anvertraut ist, eben so haushålterisch um, als ob es dein Eigenthum wåre. Nimm ohne Vorwissen deiner Herrschaft auch nicht das Geringste, sonst erweckest du Mißtrauen, und verlierst ihre Gewogenheit und Liebe.

Behůte auch mit möglichster Sorgfalt, das deine Herrschaft nicht durch Andere bestohlen oder ůbervortheilt werde. Sey wachsam auf alles, was nicht genug verwahrt ist, und laß deine Unachtsamkeit nie schuld seyn, da8 ein Schade geschieht.

Plaudere nichts aus dem Hause, weder Böses noch Gutes. Es nůtzt niemals und schadet immer. Ein Mådchen, das auf Gassen und Straßen das große Wort fůhrt, findet gute Herrschaften meistens schon versehen, wenn sie sich meldet.

Sey genůgsam und zufrieden mit der Kost und dem bedungenen Lohne. Schwerlich bekommst du es einmal in deiner eigenen Wirthschaft so gut, als du es jetzt hast.

Sey ůberzeugt, daß deine Treue gewiß wohlgefallen werde.“

Marianne befolgte diese můtterlichen Ermahnungen, und befand sich wohl dabey. Ihre Herrschaft war mit ihr so wohl zufrieden, daß sie ihr nicht nur viele Beweise ihrer Zuneigung gab, sondern sie auch viele Jahre lang in ihrem Dienste behielt, und ihr zuletzt zu ihrem weitern Fortkommen behůlflich war.

A.P.  + Wilma am 24.04.2021


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