Vom Lichtgießen und Lichtziehen
Das Gießen der Lichte
habe ich auf vielerlei Art versucht, und es ist allerdings Vortheil dabei. An meinen selbst gegossenen Lichten habe ich an jedem Pf. 1 Groschen erspart. Außer dieser Ersparniß brennt ein selbst gegossenes Licht noch einmal so lange, als ein gekauftes von der nämlichen Länge und Stärke.
Gläserne Formen schicken sich am besten dazu; in zinnenen Formen werden sie aber auch gut. Man muß eine Bank mit Löchern haben, worein man die Formen stellt, auch ist eine hölzerne Form, worin man 24 Lichte auf einmal gießen kann, sehr gut, man muß aber mit derselben sorgfältig umgehen. Sie muß, so oft sie gebraucht wird, rein ausgerieben und ein wenig mit Baumöhl bestrichen werden. Sodann wird der Talg eingegossen, indem er nämlich anfängt zu erstarren.
Zu den Dochten ist baumwollenes Garn am besten; man nimmt, wenn es fein ist, 10 Faden zu einem dicken und 8 Faden zu einem dünnen Licht; muß sich aber ja nach der Stärke des Garns richten.
Die Dochte werden mit einem Stück Jungfernwachs bestrichen. Die beste Art den Talg zuzubereiten, ist diese:
Man nimmt 1 Viertelzentner Hammeltalg, brät ihn aus, setzt den ausgebratenen Talg mit 2 Maaß Wasser auf, und thut dazu 1 Loth Glacis Maxiä (Frauenglas,) 2 Loth Cremortatari (Weinstein,) und 1 Loth Calis Ammoniaci; dies wird mit dem Talge eine Stunde gekocht, und beständig geschäumt. Hiernächst wird er, wenn er kalt und alles Unreine abgenutzt ist, ganz klein zerschabt auf ein Brett gethan, und etliche Tage an die Luft gesetzt. Wenn man die Lichte gezogen hat, so hängt man sie etliche Monath auf einer trocknen Kammer auf eine Linie, daß sie austrocknen, dann kann man sie in Kasten legen.
Diese Lichter brennen, wenn der Talg gut ist, ganz vortrefflich; sie laufen gar nicht ab und sehen wie die schönsten Wachslichter aus.
Man kann auch 2 Theile Hammeltalg und einen Theil Rindertalg nehmen.
Gezogene Lichte
macht man auf folgende Art: Man füllet eine Tonne halb mit Wasser an, und gießt oben den Talg drauf; unterdessen macht man die Dochte zurecht, welche man an eine Maschine mit Haken, die sich drehen läßt, hängt. Dann nimmt man einen Docht nach dem andern, hält ihn in reinen Talg ohne Wasser, streicht ihn recht gerade, und hängt ihn auf, bis sie solchergestalt alle eingetunkt sind. Hiernächst fängt man wieder bei dem ersten Docht an, bis die Lichte dick genug sind. Zu diesen Lichten kann man auch nur weißes leinenes Garn von Werch oder Heede, wie auch nur ordinären Hammeltalg nehmen.
Da die Art, den Talg zu kochen und zu schaben sehr umständlich ist, so mache ich es jetzt auf folgende Art: Ich schneide den Hammeltalg in Würfel und brate ihn aus, dann lege ich in irdene Schüsseln Bindfaden, und gieße den Talg hinein; wenn er kalt ist, nehme ich die Boden von Talg, und hänge sie 14 Tage in die Luft, hernach gieß ich davon die Lichte.
Ich lasse ihn behutsam schmelzen und meist ersterben, ehe ich gieße. Wenn die Lichte kalt sind, so mache ich sie aus den Formen, binde 2 und 2 zusammen, hänge sie über eine Linie, und lasse sie wohl 6 Wochen hängen; auf diese Art werden sie recht weiß und schön, laufen auch gar nicht. Die Dochte drehe ich erst zusammen, bann streiche ich sie mit weißem Wachs.
Lichte zu gießen, die lange und hell brennen
Man schneidet 8 Pf. Talg in Stücke, thut sie in einen Tiegel, gießt 1 Maaß (Quart) Wasser drauf und läßt es über Kohlenfeuer schmelzen, jedoch so, daß die Gröben oder Grieben nicht schwarz werden.
Wenn es geschmolzen ist, drückt man es durch ein leinenes Tuch. Sodann gießt man wieder so viel Wasser als vorher hinzu, thut dazu 1 Loth Salpeter, 1 Loth Salmiak und 2 Loth gebrannte Alaun läßt alles zusammen mit dem Wasser einkochen, so lange, bis man keine Blasen mehr sieht und es ganz glatt wird, oder bis es in der Mitte, eines Thalers groß, hell wird; dann läßt man es erkalten, schabt das Unreine von dem Boden ab und läßt es im Tiegel wieder zerschmelzen.
Die Dochte macht man halb aus baumwollenem und halb ans leinenem Garn, und ehe man sie in die Formen hängt, bestreicht man sie mit zerlassenem Talg, worein ein wenig Kampher und Katharinenöhl gethan worden ist.
Wenn sie nun in die Formen eingehangen sind, so werden die Lichte gegossen. Diese Lichte rinnen nicht und es brennt ein solches noch einmal so lange, als ein gewöhnliches von eben der Dicke.
In den früheren Jahrhunderten musste in den allermeisten Haushalten auf außerordentlich viel verzichtet oder mühselig in eigener Regie hergestellt werden.
Schon lange vor 1800 – der Veröffentlichung von Frau Morgenstern im Magdeburger Kochbuch – war die umständliche Kunst des Lichterziehens und -gießens bereits in den gut bestellten Haushalten verbreitet.
Kerzen waren aber nicht in jedem Haushalt unbedingt das Mittel erster Wahl für den Alltag.
Und nicht jedermann (einfache Leute, Schausteller, Wanderarbeiter, Handwerker, Landbevölkerung, fahrende Händler, das Heer der Tagelöhner, das Gesinde, Dienstleute, Knechte, Mägde u.v.m.) konnte sich von seinen geringen Erträgen oder dem Naturallohn einer Erwerbstätigkeit oder mangels eines Angebotes an Zutaten bzw. Marktes für Fertigprodukte zu jeder Zeiten Lichter (Kerzen) in ausreichendem Umfange beschaffen.
Da fiel die Wahl eher auf Talglichter mäßigster Qualität, in verdorbenem Öl oder Harz getränkter Wolle oder getränktem Tuchresten, Kienspänen udgl.
Meine Großmutter, Ehefrau eines ostpreußischen Normallandwirts, durch den 2. Weltkrieg nach Westdeutschland emigriert und dabei mit Not und Elend zusammengetroffen, warf nichts mehr weg und konnte „aus dem Handgelenk heraus“ alles was irgendwie anzuzünden war, in einen Materialmix für derartige Notbeleuchtungen zusammenzaubern. Ich habe es noch in guter Erinnerung, dass in meinen frühen Kindertagen oft kleine, tönerne Lämpchen auf dem Tisch in der Küche brannten, wo sich die gesamte Familie nach der Arbeit auf dem Feld, im Stall oder auf dem Hof zusammensetzte, aß und schwatzte.
Gitti im Team mit Mannheim’s Britt und Kiel’s Gisela – bearbeitet am 13.10.2021