Die Mähderin
„Guten Morgen, Marie! so frühe schon rüstig und rege?
Dich, treuste der Mägde, dich machet die Liebe nicht träge.
Ja! mähst du die Wiese mir ab von jetzt in drei Tagen,
Nicht dürft ich den Sohn dir, den einzigen, länger versagen.“
Der Pächter, der stattlich begüterte, hat es gesprochen,
Marie, wie fühlt sie den liebenden Busen sich pochen!
Ein neues, ein kräftiges Leben durchdringt ihr die Glieder,
Wie schwingt sie die Sense, wie streckt sie die Mahden danieder!
Der Mittag glühet, die Mähder des Feldes ermatten,
Sie suchen zur Labe den Quell und zum Schlummer den Schatten;
Noch schaffen im heißen Gefilde die summenden Bienen,
Marie, sie ruht nicht, sie schafft in die Wette mit ihnen.
Die Sonne versinkt, es ertönet das Abendgeläute;
Wohl rufen die Nachbarn: »Marie, genug ist’s für heute!«
Wohl ziehen die Mähder, der Hirt und die Herde von hinnen,
Marie, sie dengelt die Sense zu neuem Beginnen.
Schon sinket der Tau, schon erglänzen der Mond und die Sterne,
Es duften die Mahden, die Nachtigall schlägt aus der Ferne:
Marie verlangt nicht zu rasten, verlangt nicht zu lauschen,
Stets läßt sie die Sense, die kräftig geschwungene, rauschen.
So fürder von Abend zu Morgen, von Morgen zu Abend,
Mit Liebe sich nährend, mit seliger Hoffnung sich labend;
Zum drittenmal hebt sich die Sonne, da ist es geschehen,
Dort seht ihr Marien, die wonniglich weinende, stehen.
„Guten Morgen, Marie! was seh ich! o fleißige Hände!
Gemäht ist die Wiese! das lohn ich mit reichlicher Spende;
Allein mit der Heirat – du nahmest im Ernste mein Scherzen,
Leichtgläubig, man sieht es, und töricht sind liebende Herzen.“
Er spricht es und gehet des Wegs, doch der armen Marie
Erstarret das Herz, ihr brechen die bebenden Kniee.
Die Sprache verloren, Gefühl und Besinnung geschwunden,
So wird sie, die Mähderin, dort in den Mahden gefunden.
So lebt sie noch Jahre, so stummer, erstorbener Weise,
Und Honig, ein Tropfen, das ist ihr die einzige Speise.
O haltet ein Grab ihr bereit auf der blühendsten Wiese!
So liebende Mähderin gab es doch nimmer wie diese.
von Ludwig Uhland *)
Quelle: „Poetischer Hausschatz des deutschen Volkes, Gattung: Romanzen und Balladen“ 12. Ausgabe
Dieses Gedicht hab ich Euch ausgewählt, weil es sehr anschaulich die Sitten und das Verhalten der ständebewussten Bevölkerung (hier Landbevölkerung) darstellt, wo es Zusagen an die niederen Stände (die einfachen Leute) als lediglich wertlose Versprechen schildert.
Hier wird eine leichtgläubige Magd schmählich ausgenutzt, ihr die Ehe versprochen, sie sich dadurch offenbar sogar schwängern ließ und sie dann in den Allerwertesten getreten .
Uhlnd wusste ganz gewiss wovon er schrieb.
Das war damals kein Jux. Das war die grausame Realität der gefallenen (verführten und verlassenen) Mägde.
Oft war speziell auf dem „abseits gelegenen, flachen Lande“ zwischen Verführung, ausgeübtem Druck oder dem traditionellen Gewohnheitsrecht kein Unterschied mehr festzustellen.
Was für ein Schwachsinn! Der sogenannte Rosstäuscher ist z.B. eine uralte Beschreibung eines Geschäftspartners aus Zeiten, als es nichts anderes als Handschlaggeschäfte gab. Keine Erfindung aus heutigen Jahren.Gerade in diesem Blog werden ganz ausdrücklich Tipps der Köchinnen und Hausfrauen aus damaligen Zeiten wiedergegeben, dass man z.B. beim Kauf der Lebensmittel die Ware genau anschauen und speziell die Qualität bereits geschlachteter Tiere sehr prüfen muss.Ich lese auch aus diesen ungeschminkten Hinweisen klipp und klar heraus, dass bereits in guten alten Zeiten der Betrug an der Tagesordnung war und der Verkäufer sich offenbar stets bemühte, seine Kunden übers Ohr zu hauen.
Willst Du von hier wieder zurück in unseren „Finde-Index“ und weißt im Moment nicht wie ?
Schau nach unter „Tipps: # 3 (zum Findex)“