1869 – Lehrer bewaffnen sich gegen Schulverweigerer
Beitrag der „Koblenzer Zeitung“ Juni 1869
Anläßlich eines Vorkommnisses dieser Tage beleuchten wir die Thatsache, daß das Schwurgericht zu Koblenz einen der Tödtung angeklagten Unterlehrer aus dem „Hotzenwald“, freigesprochen hat:
Die etwas auffallende und von der Staatsanwaltschaft auch zur Belastung des Angeklagten verwerthete Tharsache, daß der Unterlehrer „Dilger“ mit einer geladenen Pistole in der Tasche seinen Ausflug machte, fand ihre überraschende Erklärung in der Schilderung des als Zeugen anwesenden „Anton Schlosser“ – zur Zeit Hauptlehrer in Willaringen – über die dortigen Schulverhältnisse.
Den bekannten „Volksfreunden“ ist es gelungen, in den Bewohnern des Schulbezirks einen derartigen Fanatismus gegen das neue Schulgesetz und in Folge dessen auch gegen die Lehrer anzufachen, daß dieselben, besonders wenn sie die ungemein Schulversäumnisse zur Anzeige bringen, sehr wohl solcher Waffen zu ihrem persönlichen Schutz gegen etwaige Angriffe bedürfen.
Hauptlehrer „Schlosser“ selbst befindet sich in dieser Lage und erklärte derselbe, daß die Zahl der Schulversäumnisse bei 130 Schülern z.B. im Jahre 1866 auf 5100 gestiegen sei und sich in diesem Jahre schon auf 1200 belaufe, daß sehr viele Eltern seiner Gemeinde sich lieber 10. oder 20fach mit Geld ja mit Gefängniß strafen lassen, als ihre Kinder zur Schule schicken, und daß nach Aussage des Ortsschulraths die Einführung des „Pflüger’schen Lesebuchs“ einfach zum Aufstand führen würde.