Home Bestrafung 1853 – Der angebliche Prinz von Gonzaga

1853 – Der angebliche Prinz von Gonzaga

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Gregor (Eitzenberg, Österreich) hat für uns in einem uralten Tagesblatt seiner Heimat (Österreich-Ungarn) den Bericht eines “frühen Gerichtsreporters” aufgespürt:

Erste Dec. Juli 1853
Unsere Zeitungsleser erinnern sich vielleicht noch eines sich so nennenden Prinzen von Gonzaga, welcher mehrere Jahre hindurch fürstlichen Hof führte und für theures Geld Orden und Titel verlieh, und dessen Verhaftung in Paris in unserem Journal seinerzeit vermeldet worden ist.
Am 6. d.M. begann vor der ersten Kammer des Parisers Zuchtpolizeigerichtes die Verhandlung gegen diesen angeblichen Prinzen wegen Betruges und Anmaßung fremder Namen und Orden.
Folgendes ist der lange Titel, den sich dieser Mensch beigelegt hatte: „Alexander Andreas, Fürst von Gonzaga Castiglione, suveräner und legitimer Herzog von Mantua, Guastala, Bozzolo, Relferino, Marquis von Medale und Lazzara, Graf von Obsanno und Murzinowski, Baron von Remstadt, Großmeister des Erlöserordens, des Ordens der unbefleckten Empfängnis, des Ordens der Ergebenheit, des weiblichen Maria Elisa di Mantova-Ordens, Großmeister des Ordens der vier Kaiser, des holsteinischen Löwenordens und des Frauenordens der heiligen Elisabeth.“
Außerdem gab er sich für einen General, Officier der Ehrenlegion, Ritter des russischen Ahnen- und Stanislausordens und Mitglied des Solm-Kirchberg’schen Ordens aus.
Er hatte eine eigene Ordenskanzlei eingerichtet, in der man für 400 bis 2000 Francs Ordensdecorationen aller Grade erhielt; auch Barone machte der Abenteurer, und es sollen sich ganz respectable Namen unter denen befinden, die bei dem Abenteurer um Auszeichnungen angesucht hatten.
Derselbe gibt an, zu Dresden im Jahre 1799 geboren und zu Wela in Polen getauft zu seyn; in Dresden aber weiß man nichts von ihm, und in Wola existirt gar keine Kirche.
Da der Angeklagte sich für einen Grafen Murzinowski ausgab, der im 2. Chauffeur-Regimente in Polen diente, so war eine Anzahl von polnischen Emigranten, untere andern auch General Ezanowski als Zeugen geladen: Alle behaupteten, den Murzinowski, der in dem genannten Regimente dienten, recht gut gekannt zu haben, der vor ihnen stehende Angeklagte sey dies aber nicht.
Wer derselbe eigentlich sey, ist bisher n och nicht eruirt, vielleicht daß die gerichtliche Verhandlung in ihrem weiteren Verlauf doch noch irgend einige Andeutungen ergibt.

Mitte Juli 1853
Der angebliche Prinz von Gonzaga ist aller ihm zur Last gelegten Vergehen schuldig erkannt und zu drei Jahren Gefängniß und 3000 Francs verurtheilt worden. Wer und woher der Abenteurer eigentlich sey, konnte nicht ermittelt werden. Da keiner der Namen und Titel, welche sich derselbe beigelegt, ihm rechtmäßig gebühren, sein wahrer Name aber unbekannt ist, so mußte sich der Staatsanwalt damit begnügen, den Angeklagten blos als Herrn Alexander, dem einzigen Namen, der ihm nicht streitig gemacht werden könne, anzureden.

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